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OceanWoman Band 2 (2022)

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  • Segeln
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Von der Schleiferin auf Curacao über die Küchenhilfe auf den Tuamotus bis zur Skipperin bei Sturm über Neukale­donien. Nach dem großen Erfolg der OceanWoman Sonderausgabe 2018 ist 2022 der zweite Band erschienen. Diesmal mit einem Best-of 2018–2022 der Berichte unserer OceanWoman-Kolumnistin Alexandra Schöler. Mit vielen neuen und unterhaltsamen Geschichten aus der Welt der Langfahrtsegler – abenteuerlich, erheiternd und auf bewegende Weise den Horizont erweiternd.

Un cappuccio per AUSGABE

Un cappuccio per AUSGABE 4/2018 favore! Ich kann nicht behaupten, dass wir groß in Italien segeln, da wir in der Segelsaison immer gleich nach Kroatien abbiegen. Aber unser Schiff „steht“ in Italien und zwar ganz genau in Piancada in der Werft Stella Marina. Der Stella ist ein wunderschön eiskalter Fluss, der sich von der Lagune aus zwischen der Aprillia Maritima Marina und der Wasser straße nach Marano versteckt. Er schlängelt sich durch Maisfelder, Himbeerhecken, Weiden büsche, Platanen, formiert kleine Seitenarme, die Ankerplätze zum Träumen versprechen, vorausgesetzt, man arrangiert sich mit den Zanzare – den Gelsen. Irgendwann tut sich dann rechts die Stella Wassermarina auf. Gegen über der Einfahrt ein lauschiges, sauteures Restaurant, das leider vom gemütlichen Geheim tipp zum ungemütlichen Hoch zeits lokal mit Schleifchen mutiert ist. Der Espres so ist den noch köst lich. Kurz da nach die Stella Mari na-Werft mit der Einfahrtsbox, die mich schon einige Nerven gekostet hat. Fluss - s trömung gegen Wind gegen Schiffs motor. Liegt man drin, ist alles gut. Möglich ist es auch, einfach irgend wo in dem Stella an Holzpfählen festzumachen und über die Reling Himbeeren zu naschen. Die Libellen zu beobachten und auf der Badeleiter zu kneippen. Am Abend tuckert man nach Precenicco. Die Sonntagsausflügler rasen zum Leidwesen der Schwanbabys und Wasser käfer. Zwischen den Haus booten findet sich immer ein Plätz chen. Dann endlich die Frit tura mis ta im Rivabella-Risto rante! Meist ist die Nacht ruhig, wenn nicht die Hunde der Hafenanrainer nervös sind oder die Hausboot-Charterer morgens Vor- und Rück wärtsgang beim Ablegen verwechseln. Gekühlte Rümpfe dank der elf Grad Wassertemperatur – so lassen sich die sommerlichen Hundstage gut aushalten. Die Mos ki tonetze hängen ganztägig über Fenstern und Niedergängen. Bremsen mögen schweißtreibende Arbeiten, Libellen lieben Reling seile, Wespen Mittagessen, Amei sen nackte Füße, die den Wasser schlauch anstecken. Man arrangiert sich mit den Einhei mischen, wir sind hier nur Gast. So machen das Segler eben. WIE FRÜHER BEIM GREISSLER Im kleinen Ort Piancada gibt es alles, um eine Woche entspannt zu überleben. Zuerst Cappuccino in der kleinen Bar Mauro, buttrige Brioche – steht man früh genug auf, gleich bei der Bäckerin nebenan, deren schmales Lächeln ver- Idyllisch unterwegs mit wilden Schwänen auf dem Fluss Stella. 38 OCEAN WOMAN 2022

spricht, dass sie einen erkennt. Gegenüber dem Mauro der Alimentari-Laden. Die beiden Be - sitzerinnen tragen zu jeder Tageszeit Kleiderschürzen und kommen gerne auf einen Caffè herüber. In ihrem Laden gibt‘s alles wie früher beim Greißler. Dann kommt Fausto aus der Latteria am Ortsrand angeradelt. Sein Parmiggiano ist alles, wovon Welt umsegler träumen, wenn sie gerade in Mikronesien in der Flaute hän gen. Die Latteria betritt man durch einen Perlenvorhang. In der Vitrine gibt es fünf Sorten Käse und Honig von den fleißigen Fluss bienen des Stellas. Im Nebenraum die großen Rührkessel für die Käse produktion und dazwischen die schöne Frau von Fausto – eine Haut wie Milch und Honig. Prosecco kauft man ab Hof beim Weinbauern, dessen Steinhaus direkt aus einem „Living in Italy“- Magazin stammen könnte. Das Geschäft mit Anglerbedarf hat leider zugesperrt, aber bei Mauro kann man noch Bilder mit Riesenhechten betrachten. Die hängen direkt neben den Spielergebnissen des Sport Club Latisana. Latisana – ein bissl das Korneuburg der Umgebung – ist nicht weit. Man isst dort im Restaurant Cigno, unter Seglern „der Schwan“ genannt. Der Kellner grüßt mit charmantem Grinsen und köstlichen Bruschetti – Gruß des neapo li tanischen Chefs aus der Küche. MENU FISSO Wieder in Piancada bei Mauro sitzen gern die gleichen Typen. Wir zum Beispiel. Und die Neuen. Segler und Seglerinnen, die nicht wissen, dass es hier zu Mittag immer ein menu fisso – Vorspeise, Pasta, dann ein Stück Fleisch, zum Abschluss einen Espresso – gibt. Ein Fixpunkt für Schiffseigner, die zwischen Schlei fen und Hämmern Zuflucht finden unter der schattigen Pergola bei Cappu ccino, Eis und Seglertratsch. „ Das ist Segeln in Italien. Zumindest für uns. Und es ist wunderbar. Ciao!“ Einfahrt ins Paradies. Die Villa Ottelio Savorgnan soll das Haus der adligen Lucina Savorgnan sein, deren Geschichte Shakespeare zu „Romeo und Julia“ inspirierte. „Auf Fatu Hiva fühlten wir uns wieder wie Entdecker. Seit drei Wochen das erste Mal wieder festen Boden unter unseren Füßen. Die Jungfrauenbucht beherbergte nur einen kleinen Ort, eine Handvoll Häuser, eine kleine Dorfgemeinschaft. Man war neugierig, aber nicht überrascht, es war die Zeit der Segler. Die Leute wussten, wann sie ankommen. Marie, eine füllige polynesische Schönheit, zog mich ins Haus. Ich kramte in meinem Hirn nach den Resten meines Schulfran ­ zösisch. Auf einem hölzernen Küchentisch lagen melonengroße Grapefruits. Solche Grapefruits, Marie nannte sie ,Pampelmuses‘, hatte ich noch nie gesehen. ,Tu as parfum pour changer?‘ Das war mir neu. Ich hatte Milch pulver und Kaffee mitgenommen, sie wollte Parfüm oder einen Deostick …“ Wellenzeit Seite 121, „Von Missionaren und Marienfeiertagen“; Buchtipp auf Seite 49. OCEAN WOMAN 2022 39

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