hatten wir noch nie gegessen. Die Dorade schmeckte nicht nach Fisch. Der Fisch, den wir aus dem Fischgeschäft kennen, ist nie wirklich frisch und fischelt deswegen. Frischer Fisch schmeckt nach Ozean und Salz und Paradies. So wie mein Mann langsam zu einem Profifischer wurde, lernte ich die Fischrezepte einer Weltumsegelung kochen, den Kokosfisch der Kuna-Indianer, den kreolischen Fisch der Kariben, südamerikanisch gebackenen Fisch, den Poisson cru aus Tahiti – roher Fisch mit Kokosmilch, Chili und Tomaten – das scharfe Sri Lanka Fish-Curry und immer wieder zur Belohnung für den Jäger sein Lieblingsrezept: Serbische Fischsuppe! Mit frischen Tomaten (falls noch vorhanden) und viel Zwiebel und Chili! Bald tötete Peter seine Beute kurz und (ich hoffe) schmerzlos. Ein gezielter Stich in die Kiemen, Richtung Gehirn. Fest hielt er den Fang mit seinen Spezial-Fischerhandschuhen (besorgt in Panama) – die waren rau, damit nichts davon - glitschte. Er filetierte die Steaks professionell mit einem höllisch scharfen Filetiermesser aus Tahiti. Dabei vergaß er nie, sich vor all diesen Handlungen beim Fisch, der uns Nahrung schenken würde, zu entschuldigen und zu bedanken. Wie ein Indianer. Die waren ja auch Jäger. Mein Mann, der Fischer. Mein Mann, der Jäger. Irgendwie hat so eine Weltumseglung schon was ganz schön Archaisches. Bin ja nur froh, dass er mich nicht an den Haaren in die Kombüse zerrte! Interessanterweise blieb ihm das Flackern in den Augen, sobald von Fisch die Rede war. In Österreich lud uns ein guter Freund zum Fliegenfischen ein und flugs, beim ersten Wurf, hing bei Peter eine Forelle dran! Der Freund war baff, der Jäger befriedigt und ich verschwand in der Küche, auf der Suche nach einem Süßwasserfischrezept! DARF MAN DAS? So war das mit dem Fischen an Bord! Irgendjemand sah kürzlich eines unsere Fischfangfotos und fragte: „Darf man das denn?“ Ich denke, wir Fahrtensegler dürfen das. Eigenbedarf. Von den koreanischen Schwarzfischerflotten mitten im Pazifik, die uns tunlichst auswichen, wollen wir das mal nicht behaupten. Und hier in Wien essen wir keinen Meeresfisch. Nicht frisch genug. Und von wem, wie, und wann gefischt, weiß man da ja auch nicht. Jäger und Tiefkühltruhe passen nicht zusammen, findet mein Jäger. Auch wenn Fisch gesund ist – wie alle sagen. Und dabei die Meere ausbeuten. Weit über den Eigenbedarf, für Sushis am Bauernhof oder Thunfischsteaks beim Wirt ums Eck. Da hilft auch kein Entschuldigen mehr. Wie bei den Indianern. Aber von denen gibt es ja auch nicht mehr sehr viele. Klingt brutal, ist aber die schnellste Möglichkeit, den Fisch zu töten: ein Stich durch die Kiemen. Was nicht sofort gegessen werden kann, wird luftgetrocknet. 26 OCEAN WOMAN 2022
Der Ozean, die Wüste und der pure Luxus Ilse ist fast studierte Ägyptologin. Geschichte und die Wüste, das ist ihr Ding. Ein Leben auf dem Schiff stand nicht auf ihrem Plan. Aber so ist eben das Leben. Denn wer hätte vorausgesagt, dass die hochbeschäftigte Projektmanagerin aus Dornbirn im Sinai beim Tauchurlaub den Maschinenbauer Helmut trifft, ihre Karriere abrupt beendet und auf dem gemeinsamen Segelboot Esperanza um die Welt segelt? Und zuvor noch mit Ende 48 in Wien zu studieren beginnt – nämlich das, was sie wirklich interessiert. Ägyptologie! Ilse zieht noch einmal gemächlich an ihrer Zigarette und betritt den Salon der Esperanza. Die Küche aufgeräumt und übersichtlich. Wenn es ganz wild ist beim Segeln – wie bei der Überfahrt von Neuseeland hierher nach Neukaledonien –, dann kann Ilse nur mehr lachen. Lauthals lachen, wie verrückt das alles ist. Lieber wäre sie sowieso damals ins warme Australien weitergesegelt als nach Neuseeland, denn für ihren Geschmack regnet es im Land der Weißen Wolke zu oft. „Ich hab es gern warm.“ So wie hier in Noumea. Ilse spricht perfekt Französisch, ihr geschiedener Ehemann war Bretone. Sie drückt die Zigarette aus und widmet sich dem Thunfischsteak. Heute gibt es Thunfisch-Carpaccio. Wenn Essen, dann muss es fein sein. Ilse ist schlank, immer lässig, ungezwungen gekleidet. Das ist AUSGABE 6/2021 auch ihre Art. Grantig wird sie nur, wenn der Helmut in seinen Reparaturwahn verfällt. Er liebt es zu reparieren und am besten ist, man schenkt ihm zum Geburtstag was Kaputtes. Wenn es so weit ist, verzieht sich Ilse mit ihrem Sudoku. Wie schon gesagt, Kochen muss schnell gehen. Außer es ist Rindfleisch, denn das braucht Zeit. Und dann muss das Fleisch natürlich gut sein. Schwierig auf so einer Reise. Auch mit der Wurst. Da lassen die beiden sich schon mal einen Speck von zu Hause mitbringen! An Deck sehe ich das riesige Ruder der Esperanza. Wie soll die zarte Ilse dieses beherrschen? Genauso, wie sie in 30 Metern Tiefe taucht. „Ich liebe das Meer und die Wüste.“ Verrückt? Einige Zeit später im Oman wird sie wieder lachen, weil sich ein paar Einheimische daran Thunfisch-Carpaccio Noumea auf Neukaledonien ist ein beliebtes Etappenziel für Weltumsegler. Ich traf dort Ilse aus Vorarlberg und genoss an Bord ihr vorzügliches Thunfisch-Carpaccio. Zutaten Basic: 400 g Thunfisch oder mehr … je nach Fang! 1 Zehe Knoblauch, 1 kleine Zwiebel, 1 EL Olivenöl, Saft einer Limette, Pfeffer, Salz. Zubereitung: Thunfisch ganz fein schneiden. Kann ruhig nudelig werden – ein Anfrieren, um dünne Scheiben zu bekommen, kostet auf dem Schiff zu viel Strom. Meist ist auch keine Tiefkühltruhe vorhanden. Zwiebel und Knoblauch fein schneiden. Auf Thunfisch-Carpaccio verteilen, etwas Olivenöl und Limettensaft darüber träufeln. Mit einer Prise schwarzem Pfeffer und etwas Salz auf einem Baguette servieren. Dieses Essen ist der pure Luxus an Bord eines jeden Weltumseglers! stießen, dass sie rauchte! Eine Frau! Im Beduinenzelt geschlafen – mitten in der Wüste – dieser Sternenhimmel. Wie auf dem Ozean. SMOKE ON THE WATER „Guat“, sagt die Vorarlbergerin, „Schifoahrn is super, zum Schwimmen bin ich zu faul und Kuchen hab ich noch nie gebacken.“ Nadja, ihrer Tochter, die wir in Thailand kennenlernen, hat es nicht geschadet. Im Gegenteil. Die zwei wirken wie gute Freundinnen. Heute ist Ilse Großmutter. Sicher die lässigste Großmutter dieser Erde – welche Oma hat schon wie Welt umsegelt? Vorsichtig das ganz fein, fast nudelig geschnittene Carpaccio noch mit Limette besprenkelt und auf einem Baguette serviert. Fertig. „Bon appétit! Fangt schon mal an“, sagt Ilse, lehnt sich ans Ruder und raucht noch eine. OCEAN WOMAN 2022 27 FOTO: SHUTTERSTOCK FOTO: SHUTTERSTOCK
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