Ocean7
Aufrufe
vor 1 Jahr

OceanWoman Band 2 (2022)

  • Text
  • Weltumseglerin
  • Alexandra schöler
  • Risho maru
  • Segeln
  • Oceanwoman
Von der Schleiferin auf Curacao über die Küchenhilfe auf den Tuamotus bis zur Skipperin bei Sturm über Neukale­donien. Nach dem großen Erfolg der OceanWoman Sonderausgabe 2018 ist 2022 der zweite Band erschienen. Diesmal mit einem Best-of 2018–2022 der Berichte unserer OceanWoman-Kolumnistin Alexandra Schöler. Mit vielen neuen und unterhaltsamen Geschichten aus der Welt der Langfahrtsegler – abenteuerlich, erheiternd und auf bewegende Weise den Horizont erweiternd.

Kochen für Kinder bei

Kochen für Kinder bei Heute sag ich jaja, man wächst hinein in das Blauwassersegeln, wird abgehärtet, tapfer, cooler. Keine Rede davon bei unserem ersten Sturm im Atlantik auf dem Weg zu den Kanarischen Inseln. Starkwind“ meinte mein Skipper. OMG! Das war immerhin der große Atlantik, die Wellen waren riesig, die Wolken grau und dick und unheimlich. Zuvor im Internetcafe war keine Rede davon. Ach, dieses Wetter! „Hunger!“ Das war Finn. Dem war es egal, was da draußen passierte. Egal, welche Wellen, egal, welches Tiefdruckgebiet, egal, welche Störungen derselben. Mist. Seekrank wird bei uns keiner. Das ist ein Vorteil, kenne ich doch genug Crews, die zu diesem fortgeschrittenen Gewackel im Gleichton reierten. „Hunger!“ Ok. Es war ja schon der zweite Sturmtag. Am ersten hatte ich vorgesorgt. Krautfleckerl noch im Hafen gemacht. Und Chips mit Dips und Brot gebacken. Am zweiten Tag stand der Gusto an Bord nach etwas anderem. Pasta. Basta. Es gab wieder was mit Nudeln. Ich klemmte mich in die Kombüse der Risho Maru. Erhöhte Schiffsbewegungen. Heißt, das Schiff bewegt sich vorwärts, was gut ist, aber eben durch die Wellen auch seitwärts und auf und ab. Der Deckel des Spaghetti - topfs knallte auf meinen Zeh. Aua! Egal. Auf den Monoyachten muss es noch schlimmer sein, weil Schräglage. Aber ich denke, im Grunde ist es auf jedem Schiff bei solch einem Wetter grenzwertig. Außer vielleicht auf einer Fähre oder einem Kreuzer. Aber da war ich nicht. Leider. Zwiebel schneiden. Gut, dass unsere Kombüse klein ist. Ich klemmte mich zwischen Niedergangsleiter und Küchenbankerl, drückte Halt suchend die Zwiebel aufs rutschende Brett und schnipselte. Viel Olivenöl in den Topf. Was noch? Vor mir Kapern. Rein damit, Oliven ohne Kerne, rein damit, eine salzige Sardelle, rein damit. Und Knoblauch, wenn ich es bis zu ihm schaffe. Bumm! Kopf angehauen am Querbalken. Gut, die Küchenorganisation war damals noch bescheiden. Würde mich da in den folgenden Segeljahren sehr verbessern. Eine Knoblauchzehe landete im Topf, der Rest hinter dem Ofen. Mach ich später sauber, heißt in Lanzarote – sollten wir da je ankommen – heißt in vier Tagen. Da könnte ich den Knoblauch wahrscheinlich getrocknet verwenden. Platsch! Wasserspritzer von oben. Blöde Welle. Boden feucht. Mist! Wo sind die Bodenfetzen? Irgendwann, viel später, würde ich dann Zeitungspapier auf den Boden legen, das saugt super und man entsorgt es schnell und es stinkt nicht wie ein alter Hund. Aber das würde erst in Tonga sein, zwei Jahre später. Ja, Seefrau werden ist nicht schwer, aber sein dagegen sehr … VIELE JAHRE URLAUB? Chili. Rein in die Pfanne und dann eine Dose Tomaten aus der nassen Bilge. In Neuseeland werde ich so weit gereift sein, dass für die jeweilig berechnete Überfahrtszeit alles handlich bereitsteht, mit Speiseplan, aber im Augenblick suchte ich den Dosenöffner. Hatte die billigen Tomatendosen ohne integrierte Öffnungsschlaufe gekauft. Schöner Mist bei 25 Knoten Wind. Wo war die Stauliste, um dieses Manko zu vermerken? Ach, pfeif drauf. „Hunger!“ Finn muss ein Affront für seekranke Menschen sein, kopfüber hing er in seiner Koje und las Asterix! So, Nudeln rein, kochen, kochen. Kosten, kochen. Passt. Jetzt das Meisterstück: heißes Wasser absei- Sohn Finn, das hungrige Seemonster an Bord. Palatschinken à la Risho Maru Zutaten: 150 g Mehl, 2 Eier, 250 ml Milch, 125 ml Wasser. Zubereitung: Alle Zutaten mit dem Schneebesen glattrühren, in einer Pfanne mit etwas Öl von beiden Seiten goldgelb ausbacken. Füllung: Schokocreme à la Nuetella gibt es von Kroatien bis Papete … Tipps: Eier: Einzeln aufschlagen – ich habe oft Eier auf Inseln in kleinen Supermärkten oder von Einheimischen direkt gekauft. Die Frische lässt sich da oft nicht nachvoll - ziehen und ein stinkendes Ei an Bord ist wirklich grauenhaft und verdirbt das ganze Gericht sofort! Milchpulver: Das beste Milchpulver habe ich in Neuseeland gekauft. Lange bin ich mit Haltbarmilchtetrapacks ge segelt, aber Milchpulver ist leichter zu stauen und kann sparsamer verwendet werden. FOTO: SHUTTERSTOCK 20 OCEAN WOMAN 2022

Sturm hen, die Schiffsbewegungen berücksichtigend. Dabei immer bekleidet sein. Damals auf dem Atlantik sowieso, es war saukalt. Aber in den Tropen würde ich schon mal im Bikini dastehen und das könnte böse enden. Ok, Nudeln fertig, Tomatensoße dazu, Parmesan drüber, Blechteller, Gabel. Essen fertig! Die Männer futterten. Ich war total erledigt. Seekrank war ich nicht, aber hungrig auch nicht mehr. Ich würde dann später während der Nacht wache meine Portion essen. Fünf Jahre später fragte mich bei einer unserer Multivisionsshows eine pikierte Dame, wie es denn so sei, viereinhalb Jahre Urlaub zu machen. Urlaub! Ich geh dann mal Abwaschen. Muss sein, lieber gleich, weil sonst das Chaos morgen noch schlimmer ist. Außerdem hab ich nur zwei Töpfe, mehr passen nicht in die Küche. Und warum diese traditionelle Rollenverteilung an Bord? Kann nicht Peter kochen oder abwaschen? Der navigiert. Und da wird mir richtig schlecht. Da koch ich lieber. Peter liest und empfängt die Wetterfaxe, wartet, starrt, versucht, sich zu konzentrieren und sein Appetit hält sich in Grenzen. Aber wie immer lobte er die Küche! Nur Finn aß immer begeistert. Wollte noch eine Portion. Fiel dann wieder in seine Koje und verlangte Nachspeise. Ich schmiss ihm einen Schokoriegel auf den Kopf. So, die Küche ist geschlossen, Seemonster! Da Sturmspaghetti in Wirklichkeit einfach aus dem gemacht werden, was gerade in der Kombüse herumliegt, gibt es dazu kein Rezept, aber dafür ein „all time favorite“ für hungrige SeglerInnen von 1–99 Jahren: Nutella- Palatschinken! AUSGABE 4/2021 Guter Vorrat ist teuer Was krisenbedingte Einschränkungen an Land bedeuten, ist auf dem Ozean zu manchen Zeiten Normalität. Es bedeutet z. B. einfach, dass man auf Langfahrt ist – über den Atlantik, den Pazifik, den Indischen Ozean oder sonst wohin. Das Pro viantieren, das Vorsorgen für den Notfall, dieses Nicht-wegkönnen erinnert mich tatsächlich hie und da an das Leben auf dem Segelboot. Nur: Daheim ist das Wetter egal und der Kühlschrank riesengroß und richtig kalt! Wir sitzen zu dritt in der Woh nung „im selben Boot“ und ge denken der vielen Wochen und Stunden, in dene diese Dreisamkeit zum großen Traum dazugehörte. Dennoch, dieses auf Vorratkaufen war mir schon damals keine Freude. Vorausschauend zu bunkern, zu organisieren, wo man was verstaut oder wie man frisches Gemüse und Obst an den unmöglichsten Orten an Bord unterbringt. Kürzlich las ich von einer Seglerin, die Computerlisten anlegt, in die sie eintippt, was es noch Essbares an Bord gibt – und daraus ergibt sich das Rezept fürs Abendessen. Etwa so: eine Paprika, eine halbe Gurke, zwei Tomaten, eine Packung Schafkäse = griechischer Salat. Wäre vielleicht auch an Land keine schlechte Idee! AUSGABE 3/2020 Einfach ums Eck gehen, Brot und Milch holen? Geht nicht. Gemütlich auf dem Markt flanieren und da und dort Kleinigkeiten verkosten? Nicht möglich. Langsam durch die Gänge im Supermarkt spazieren und gustieren, was man am Abend kochen wird? Leider nein. In der Hoffnung, dass, wenn Sie diese Zeilen lesen, die Krise gebannt ist, möchte ich dennoch das Thema „Vorrat“ aufgreifen. THEMA NOTPROVIANT Der Skipper ist an Bord für die SOS-Box verantwortlich. Ein wasserdichter Plastikbehälter gefüllt mit Dingen, die das Überleben in der Rettungsinsel sichern. Also z. B. Schokolade. Bei einer spontanen Überprüfung dieser Box stellte ich fest, dass abseits von Angelzeug, Mini-Wassermacher, Medikamenten und Leuchtraketen nur mehr leeres Schokoladenpapier und eine halbe Packung ranziges Studentenfutter darin war. Der Skipper meinte, er wollte das gerade nachfüllen. Einmal fand ich beim Osterputz auf dem Schiff (heuer ist er coronischerweise ausgefallen) zwei Dosen Bohnen. Ablaufdatum 2011. Nach einer genaueren Durchsicht des Gewürzregals, entdeckte ich Curry aus Sri Lanka. Ablaufdatum 2009. Ich verzichtete auf Bohnencurry … Sicher, im Notfall wäre ich glücklich gewesen über die gelungene Proviantierung, aber damals aßen wir dann doch lieber den frischen Pe corino und süße Kirschtomaten vom italienischen Markt. Und auf das freuen wir uns jetzt auch schon sehr! PS: Ein Gedanke fliegt jetzt zu unseren Freunden und allen anderen, die rund um die Erde auf ihren Segelbooten in Quarantäne hocken. Sicher gut proviantiert – aber eben nicht freiwillig! Fair Winds, bis ganz bald hoffentlich! OCEAN WOMAN 2022 21

Erfolgreich kopiert!

Ocean7 Magazin

Blog

© 2017 by Ocean 7, Satz- und Druck-Team GmbH - Impressum und Privacy