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OceanWoman Band 1 (2018)

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Von Adria-Skippern im Adamskostüm bis zum Bach-Konzert am Strand von Tonga. Autorin Alexandra Schöler segelte mit Mann Peter und Sohn Finn viereinhalb Jahre um die Welt. Seit 2010 ist sie als OceanWoman-Kolumnistin mit an Bord der Redaktion und unterhält unsere LeserInnen mit launigen Beträgen, viel Witz und dem feinen Gespür einer Frau über die Welt der Langfahrtsegler. Eine Top-Auswahl ihrer Geschichten von 2010 bis 2018 wurde nun in dieser Sonderausgabe aufgelegt – zur erlesenen Unterhaltung erfahrener SkiperInnen, aber auch zum lockeren Einstieg angehender BlauwasserseglerInnen!

Oje Boje Sommersegeln!

Oje Boje Sommersegeln! Nach einem entspannten Törn über den kroatischen Kvarner landeten wir in Premuda an der Boje. Es ist schön dort, das Wasser türkis, das Dörfchen fein, die Zikaden fröhlich … XX Wir waren guter Dinge, kramten die verstaubten Tauchsachen aus der Bilge und wollten gerade ins Wasser springen, als ein Motorboot mit Vollgas neben unserem Schiff abbremste. „Wie lang?“, waren die Begrüßungsworte, die uns entgegenschossen wie tödliche Blitze. Der Mann, der uns durch spiegelnde Brillen anstarrte, wäre absolut als Nachfolger von Marlon Brando in „Apocalypse Now“ durchgegangen, nur noch dicker und humorloser. Als er sich behäbig über die Reling beugte, unsere zwölf Meter notierte und die Rechnung ausstellte, tropfte sein Schweiß auf die ausgestellte Rechnung. Der Betrag hätte für ein schönes Hotel inklusive Spa, Swimmingpool und Abendessen gereicht. Ich musste instinktiv kurz an Jack denken. Wir hatten Jack, den neuseeländischen Fahrtensegler, in der Veruda Bucht Soline getroffen. Er meinte, nirgends auf der Welt sei Segeln so teuer wie in Kroatien. Und er überlegte, ein Bojenfeld in der zauberhaften Bay of Islands zu eröffnen oder – noch besser – gleich für den eigenen Anker zu kassieren. Auf die Frage, warum wir doppelt so viel zahlen sollten wie sonst wo, verzog Colonel Kurtz 2 den Mund zu einem verächtlichen Grinsen: „Catamarano ‒ more big ‒ more money.“ Da explodierte mein Skipper. Die 20 Tonnen-Motoryacht hinter uns, mit dem seit unserer Ankunft stinkenden und lärmenden Generator, zahlte „Catamarano ‒ more big ‒ more money.“ Da explodierte mein Skipper. XX AUSGABE 6/2012 gleich viel wie wir mit sechs Tonnen? Hat vielleicht bei einer Boje das Gewicht etwas mit der Bojenabnützung zu tun? Oder werden Leinen durchgescheuert, weil ein Schiff breiter ist als ein anderes? Wortlos besserte der Colonel den Betrag aus, nahm das Geld und fuhr zur nächsten Yacht. Den ausladenden Gesten des italienischen Besitzers nach zu schließen, verrechnete er dort das Dreifache. NÄCHSTE STATION CRES Die Bucht war traumhaft. Circa 15 Bojen, alle ganz neu. Auch das Schild am Strand, das bestätigte, dass dieses Gebiet Nationalpark war, glänzte neu in der Sonne und ließ den Verdacht aufkommen, dass die Ernennung zum Nationalpark eventuell etwas mit den Bojen zu tun haben könnte. Egal. Wir saßen zum Sundowner an Deck, als eine österreichische Motoryacht mit Vollgas ins Ankerfeld einfuhr. Alle Schiffe schwankten, Schwimmer und Schwimmerinnen erlangten ihre persönliche Bestzeit beim Davonschwimmen. Der Skipper stand ‒ nackt ‒ am Steuer, seine weibliche Begleitung mit Schiffshaken auf dem Vordeck. Er bremste circa einen Meter vor der Boje ab, die Frau schaffte das Unmögliche und fing die Boje mit dem Haken. Sie hielt so gut es ging fest, versuchte, sich gegen die 25 Tonnen Schiffsgewicht zu stemmen, verzerrte das Gesicht, kegelte sich fast die Schulter aus und – platsch! – lag der Schiffshaken im Wasser. Die Frau wendete sich geknickt zum Mann, der entnervt schrie: „Geh bitte, wieso lasst du los?“ Warum müssen immer die Frauen die Bojen fangen? Zu 99 Prozent beobachteten wir diese Rollenaufteilung! Die Motoryacht machte einen zweiten Versuch, die Frau hing über die Reling und tastete nach der Boje, dabei hatte aber die gesamte Crew nicht bemerkt, dass eine weitere Boje knapp hinter dem Schiff Aufmerksamkeit verlangte. Trotz heftiger Zurufe unsererseits flutschte die Boje in die Schraube. Es krachte. Dann herrschte gespenstische Stille. Das Schiff war an der Boje, wenn auch nicht ganz wie gewollt. Stumme Verzweiflung machte sich an Bord der Yacht breit. Mein Skipper mit Sohn hüpfte ins Dingi, sammelte den Schiffshaken ein, den die Bora schon fest im Griff hatte. Der italienische Segler vor uns packte seine Tauchflasche (!) und folgte meinen Männern. Doch bevor beide die Yacht erreichten, hatte dort der inzwischen bekleidete Kapitän panisch einen Anker ausgeworfen. Der Tauchskipper schnitt die Boje aus der Schraube, mein Mann befestigte das Schiff an einer freien Boje und eine Boranacht senkte sich über das Drama. Die nächsten Tage sollten ruhig verlaufen. In Rab gab es nur einen verschlafenen Ankerplatz, den noch niemand als Geldquelle entdeckt hatte, und in Osor standen interessante Kanalmanöver im Vordergrund. Vor allem ein Motorbootfahrer, der die Kanalzeit verpasst hatte und glaubte, unter der Brücke durchzukommen, sorgte für einigen Trubel. Es tut immer weh, wenn Schiffe ruiniert werden. Es blieb noch Ilovik, der nette Ort mit Ankerfeld vor dem Franziskanerkloster auf der Insel Petar. Wohl von der franziskanischen Nächstenliebe erfüllt freuten sich die Bojenmänner, begrüßten uns freundlich und nahmen wenig Geld und den Mistsack mit. Nach einer Eiscreme in der zweiten Reihe mit Spaziergang im Olivenhain kamen wir gerade rechtzeitig auf unser Schiff, um einen Segler zu beobachten, der mitten im Bojenfeld ankerte. Auch schön. Als er zuerst rechts touchierte, dann links, dann hinten und schließlich vorne wurde ihm klar, dass er da wohl etwas im Segelkurs überhört hatte. Auch dass man Bojen nicht mit dem Wind fängt, scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben. Und immer die viel zu hohe Geschwindigkeit bei den Manövern. Ich glaube, mit ihren Autos würden die Freizeitkapitäne niemals so rasant einparken. Der Schwell der vorbeirasenden Motoryachten wiegte uns in den Schlaf, die Bora pfiff. Auch egal ‒ das beste an einem Bojenfeld ist, dass kein Schiff slippen kann und dabei unseres rammen! 40 OCEAN WOMAN 2018

Ankergebühr - ein Einakter XX XX AUSGABE 6/2017 Da war sie, die Löwin in mir. „No way!“, meine Stimme schallte in bester Burgtheater-Manier über die Uvala Soline-Bucht. Dass der Skipperin der Kragen platzte, war eine Premiere. Mein Publikum – zwei kaum volljährige kroatische Marineros in einem alten Holzboot – starrte mich erstaunt an. Ebenso mein Mann und Sohn an Deck – auf den oberen Rängen sozusagen. Dass der Skipperin der Kragen platzte, war eine Premiere. Die alten Griechen banden ihre Schiffe einfach an Unterwasserfelsen fest. Oder füllten Säcke mit Steinen, die sie nach Bedarf versenkten. Erst mit der Entdeckung des Eisens ent wickel - ten sich Anker so wie wir sie heute kennen. Der Stockanker wirkte, weil er mindestens dreimal so schwer war wie ein Muringblock in einem kroa tischen Bojenfeld. Danach folgten die uns bekannten Ankermodelle, die je nach Skipper/ Schiff/Ankergrund/Geschmack/Erfahrung/Preis mehr oder weniger beliebt sind. Unser Bügelanker hielt rund um die Welt und wir taten viel für ihn. Wir pflegten und hegten Schaft und Flunke, kontrollierten die Imbusse des Ankerkettenwirbels regelmäßig. Die Kette wurde bei jedem Werftaufenthalt komplett ausgelegt und Glied für Glied kontrolliert, gesäubert, gesprayed. Der Skipper winschte die 26 Kilo regelmäßig an Deck. Fitnesscenter an Bord ohne Jahresgebühr. Kurz, wir verwöhn(t)en unseren Anker, wenn möglich auch mit einer Süßwasserdusche. Nur eines machten wir auf der ganzen Reise nie: für ihn zahlen. Das wird auch meines Wissens nach nirgends auf dieser Welt eingefordert – außer in Kroatien. Bestätigung holte ich mir aus dem Netz.Frage: Zahlen für den eigenen Anker? Mehrere Seiten zu Brot und Gebäck öffneten sich. Ich wechselte in den englischen Sprachraum. Für den eigenen Anker bezahlen zu müssen kommt in absoluten Ausnahmefällen vor und wird besonders in (Kosten-)Frei Ankern außerhalb Kroatiens: San Blas/Panama. England einfach boykottiert. User Mermaid schreibt im cruising forum: „There is something wrong with fees when no service is provided.“ Ein andere Seahorse fragt: Wieviel kostet das und was ist inkludiert? Internet, Pumpout, Dingy dock, Duschen, Wasser?“ „16 Euro und das Müll sackerl wird mitgenommen“. Zumindest in Kroatien. WAR COOK IN KROATIEN? Ganz sicher musste Odysseus nicht für seinen Anker zahlen oder der alte Cook, wenn er in irgendwelchen Buchten zwischen seinen Ozean abenteuern haltmachte. War Cook eigentlich in Kroatien? Natürlich hätte er das Jahrespermit bezahlt – ist absolut ok., mussten auch wir in Vanuatu oder Guadeloupe. Die Leuchtturmsteuer wäre ihm auch einleuchtend erschienen und die Bojenfelder wären ganz nach seinem Geschmack gewesen, denn Stockanker bedeuteten wie erwähnt ganz schön viel Arbeit. Besonders hätte er die Bojen vor den Konobas gemocht. Ein gegrillter Fisch übersteigt zwar jede Bojengebühr um ein Vielfaches, dafür ist es entspannter, wenn während des Abendessens die Bora auffrischt. Doch hätte Cook für seinen Anker bezahlt? Neuseeländer, die wir vor einigen Jahren in besagter Veruda Bucht trafen, überlegten, eine neue Geschäftsidee in der Bay of Island umzusetzen. „I have never heard of such an absurd fee!“ So wie auch in manchen Bojenbuchten Katamaran-Gebühren eingehoben werden. Als ob sich die Breite eines Schiffes in irgendeiner Weise auf die Muring auswirkt! Cook hätte sich gefreut, seine Endeavour so easy festzumachen, wäre aber Seemann genug gewesen um zu wissen, dass keine Muring die 350 Tonnen seines Lieblings stemmen würde. Im Gegensatz zum 30-Meter-Motor - yacht-Besitzer, der im Bojenfeld in Molat lustig festmachte. Ohne Widerspruch der Bojenmänner – sie nahmen den Müll mit. In Wahrheit sind die Griechen die Erfinder der Bojenfelder, mit ihren Felsen, die schon Odysseus so praktisch fand. Nur dass sie bis heute kein Geschäft daraus machen. Die Typen vor mir im Holzkahn strecken mir einen Ausweis entgegen. Irgendeine Port Autority, die besagt, dass in der Uvala Soline für den Anker bezahlt wird. 16 Euro. Nie wieder. Es gibt ja noch andere „freie“ Buchten in Kroatien. Noch. Haben wir eigentlich das aktuelle Griechenland-Hafen- Handbuch? OCEAN WOMAN 2018 41

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