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OceanWoman Band 1 (2018)

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Von Adria-Skippern im Adamskostüm bis zum Bach-Konzert am Strand von Tonga. Autorin Alexandra Schöler segelte mit Mann Peter und Sohn Finn viereinhalb Jahre um die Welt. Seit 2010 ist sie als OceanWoman-Kolumnistin mit an Bord der Redaktion und unterhält unsere LeserInnen mit launigen Beträgen, viel Witz und dem feinen Gespür einer Frau über die Welt der Langfahrtsegler. Eine Top-Auswahl ihrer Geschichten von 2010 bis 2018 wurde nun in dieser Sonderausgabe aufgelegt – zur erlesenen Unterhaltung erfahrener SkiperInnen, aber auch zum lockeren Einstieg angehender BlauwasserseglerInnen!

Oh, mein AUSGABE 2/2016

Oh, mein AUSGABE 2/2016 XX XX Brot! Weihnachten vorbei, Ostern naht und wann ist das nächste Geburtstagsfest? Partys an Bord – die gibt es immer und nicht nur zu den Feiertagen. Da ein Potluck, dort ein Sundowner. Eines wird an Bord fast immer angeboten: Selbstgebackenes. Zumindest bei uns! Mein erstes Brot wäre durchaus als Dingi-Anker durchgegangen. Die Konsistenz war die eines Ziegels. Nein, ich begann nicht erst als Seefrau zu backen, sondern als ich Mutter wurde. So in der Art: Jetzt wird es Zeit, mein Kind, meine Familie zu nähren. Archaisch und gesund, vollkornig und händisch. Brotbackmaschine, von einer guten Freundin vorgeschlagen, ging und geht nach wie vor gar nicht. War gut so, denn als ich einige Jährchen später an Bord ging, um dort längere Zeit zu bleiben, war Brotbacken kein großes Thema mehr. Inzwischen hat es sich unter Segler Innen herumgesprochen, dass frisches Brot oder gar ein Schokoladenkuchen so manches Sturmtief neutralisiert. Allein der Duft, der sich aus der Kombüse ins salzwasserverkrustete Cockpit schleicht, kann Crew und SkipperIn zu Entspan- So sah der „kleine Imbiss“ aus, den uns Tiroler See - frau Edith“ auftischte. Vielen Dank! 18 OCEAN WOMAN 2018

nung und dennoch Höchstleitung anspornen. BACKEN AN BORD IST ANGESAGT Unter Fahrtenseglern kann es dabei durchaus zu Konkurrenzspielchen kommen. Schweiz gegen Österreich gegen Deutschland. Aus diesen Ländern kommen die meisten maritimen BäckerInnen. Französische Crews schaffen es fast immer, irgendwo in Baguette - nähe zu segeln oder verzichten ganz auf Brot. Amerikanische Crews verstehen den Brotehrgeiz gar nicht, da sie am Morgen ihre gut lagerbaren Lieblingflocken in Milch einweichen. Englische BlauwasserseglerInnen haben Toastbrot an Bord, das mindestens drei Jahre haltbar ist und auch so schmeckt. Cookies sind bei fast allen SeglerInnen aus Nordamerika Nummer eins. Niederländische Crews essen kein Brot – zumindest die nicht, die wir trafen. Italiener- Innen kreuzten nicht unsere Seewege und die einzigen Süd afrikaner auf unserer Strecke waren ein ausgewandertes Paar aus Wien Ottakring – also Schwarzbrot-Bäcker. SCHWARZBROT AUF GOMERA Schwarzbrot – das klingt in Fahrtenseglerohren verheißungsvoll. Vor allem, wenn man schon viele Seemeilen auf dem Buckel hat und irgendwo in den tropischen Breiten segelt. Kaufen kann man Schwarzbrot zumindest auf der Barfußroute nur bis zu den Kanarischen Inseln – auf Gomera bietet eine netten Schweizerin auf dem Markt verschiedene Vollkornbrotarten an. Mit dem Sprung zu den Kapverden ändert sich die Brotsituation schlagartig. Und noch ein Stück weiter in der Karibik sollte man sein Roggen- und Vollkornmehl bereits eingelagert haben. Wobei glücklicherweise die französischen Inseln wunderbare Supermärkte haben, um den Mehlvorrat noch einmal so richtig aufzustocken. Andererseits schließt man sich ge - rade dort den französischen Segler - Innen an und genießt goldene Baguettes vom Feinsten! Die bei uns üblichen Brotbackmischungen finden sich immer seltener in den karibischen Regalen und es wird Zeit, selber ans Mischen zu gehen. Roggenmehl wird ab dann wie Gold gehandelt und Körndl wie Sonnenblumen, Nüsse oder gar Kürbiskerne sind Platingold für ambitionierte BäckerInnen. Auf Bali, in Neuseeland und auf Tonga konnte ich Vollkornmehl direkt beim Bäcker um teures Geld erwerben – gratis dazu gab es Mehlwürmer und anderes Getier, wobei ich meinen Jungs nichts von den Mitbewohnern erzählte und wie zu Omas Zeiten aussiebte! Auf dem Weg zum Bäcker auf Vava‘u, Tonga. Blauwasser-Erbeertorte mit Kakaopulver zum Geburtstag in Singapur. Glücks-Krapfen von der Südsee (Bora Bora) bis in die Adria (Ilovik). Risho Maru-Brot 500 g Weizenmehl 21 g Trockenhefe 300 ml Wasser etwas Salz Rosmarin/Basilikum/grobes Meersalz zum Bestreuen Und natürlich viel Back-Leidenschaft! Sollte es nicht gleich auf Anhieb klappen: Einen Reserveanker kann man immer brauchen! Interessant waren auch die Ein- Kilo-Trockenhefe-Pakete! Es dauerte einige ungewöhnliche Brotkreationen, bis die Mischung stimmte … Leichter ist es da schon mit dem weißen Mehl, das gibt es überall. Kuchen, Palatschinken, Fladenbrote – was für eine erfreuliche Ergänzung des Seglerspeiseplans! BLAUWASSER-FOCACCIA Und da komme ich wieder zu den Partys und Jahresfesten. Lebkuchenhaus auf den Guna Yala Inseln bei Panama (Lebkuchengewürz aus der Heimat eingelagert), Krapfen auf den Las Perlas, Geburtstagstorte in Curaçao/Samoa/Singapur/Bora Bora (meist mit Kakaopulver und ein einziges wunderbares Mal mit frischen Erbeeren!), Osterpinze auf Barbuda, Vanillekipferl auf den thailändischen Krabi Islands (Öl statt Butter – ein Grauen …), und immer und überall für unsere Sundowner-Gäste das berühmte Risho Maru-Brot – eine Art adaptierte italienische Focaccia mit getrockneten Kräutern (genau die, die noch in der Kombüse zu finden sind). Heute an Land, in der Stadt, gibt’s unser Risho Maru-Brot regelmäßig und selbst wenn gar nix mehr an Bord – pardon, im Haus – ist, diese Ingredienzien sind immer da! OCEAN WOMAN 2018 19

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