ocean7 6/2024

Die erste

Die erste Weltumsegelung, Teil 3 „König Manuel gab den Auftrag, jedes der Schiffe Magellans ein zufangen und die Mannschaft wegen Piraterie festzunehmen.“ ten drangen bewaffnete Einheimische in den Saal ein und ermordeten die Europäer, die bereits unter den Folgen einer Vergiftung litten. João Serrão wurde gefesselt an die Küste gebracht, wo er den spanischen Schiffen gegenüberstand, die wegen des Tumultes näher an das Ufer gekommen waren. Serrão flehte die Offiziere an, ein Lösegeld für ihn zu zahlen. Die aber vermuteten einen Hinterhalt, wollten keinen weiteren Kontakt mit den Einheimischen riskieren und segelten ab. Damit war das Schicksal von Serrão besiegelt. Zuerst steuerten die Schiffe Bohol an, aber es stellte sich bald heraus, dass es mit den verbliebenen 115 Männern nicht möglich war, drei Galeonen zu bedienen. Also wurden die Güter der Concepción auf die beiden anderen Galeonen verteilt und das Schiff danach in Brand gesetzt. Die Trinidad und die Victoria schlängelten sich für die nächsten sechs Monate durch die Inselwelt Südostasiens, um die Molukken zu finden. Die Schiffe ließen schließlich am 8. November bei der Insel Tidore auf den Molukken die Anker fallen. Der freundliche Herrscher al-Mansur beteuerte bereitwillig seine Loyalität gegenüber dem König von Spanien. Es wurde ein Handelsposten eingerichtet, und die Männer begannen große Mengen an Gewürzen im Tausch gegen Waren wie Stoffe, Messer und Glas zu erwerben. ZURÜCK IN DIE HEIMAT Am 21. Dezember 1521 stach die Victoria unter dem Kommando von Juan Sebastián Elcano in See. Die Trinidad hatte ein Leck und blieb für Reparaturen zurück. Später schlug sie einen östlichen Kurs über den Pazifik ein, um Tierra Firme zu erreichen. Dieses Gebiet entspricht dem Isthmus von Panama, der seit 1508 in Hand der Spanier war. Noch in den Gewässern der Molukken aber wurde die Trinidad von den Portugiesen gekapert und ging später während eines Sturms verloren. Zwischenzeitlich hatte die Victoria den Indischen Ocean überquert, umrundete am 6. Mai 1522 das Kap der Guten Hoffnung, geriet dann in einen Sturm, bei dem der Hauptmast beschädigt wurde und der Vormast zu Bruch ging. Elcano konnte in Südafrika, das portugiesisches Hoheitsgebiet war, nicht anlanden, da er wusste, dass Portugals König Manuel den Auftrag gegeben hatte, jedes der Schiffe Magellans einzufangen und die Gewürznelken – das Gold des 16. Jahr - hunderts. Auf Tidore bekamen die Spanier endlich die heißbegehrten Gewürze. 36 6/2024

FOTOS UND ILLUSTRATION: WOLFGANG HAUSNER, SHUTTERSTOCK.COM – DENIS MOSKVINOV, FAKHRI ANINDITA, NACI YAVUZ, WALTER ERIC SY, ACHIM WAGNER Mannschaft wegen Piraterie festzunehmen. Elcano hatte zwar Proviant für fünf Monate an Bord schaffen lassen, darunter einen großen Vorrat an Fleisch. Weil sie aber nicht genug Salz auftreiben konnten, erzeugte das unzulänglich eingepökelte Fleisch einen bestialischen Gestank und musste über die Reling gekippt werden. Bald hatten sie nur mehr Reis und Wasser, und auch das wurde zusehends knapper. Zwanzig Besatzungsmitglieder starben an Hunger, Skorbut und anderen Krankheiten. Alle paar Tage wurde eine weitere ausgezehrte Leiche ins Meer geworfen. Mit der vollkommen entkräfteten und dezimierten Crew und nur mehr Rationen für zwei oder drei weitere Tage steuerte Elcano die portugiesischen Kapverden an, um Proviant zu bunkern. Das war mit einem großen Risiko verbunden, doch die Besatzung hatte zunächst keine Probleme, Einkäufe zu tätigen, da sie vortäuschte, nach einem schweren Sturm aus Amerika gekommen zu sein. Die Portugiesen glaubten das anfänglich auch, bekräftigt durch den desolaten Zustand des Schiffes und der Crew. Bei dem letzten Besuch an Land nahmen sie jedoch zwölf Besatzungsmitglieder fest, nachdem sie rausgefunden hatten, dass die Victoria Gewürze aus den Molukken transportierte. Elcano gelang es gerade noch, mit der Ladung von 26 Tonnen Nelken und Zimt zu flüchten. ANKUNFT DER VICTORIA IN SPANIEN Am 6. September 1522 traf die Victoria in der Bucht von San Lucar in Sevilla ein – drei Jahre nach ihrer Abfahrt. Die Besatzung von 60 Mann, mit der die Galeone die Molukken verließ, war auf 18 geschrumpft, und die Männer waren zum größten Teil krank und total entkräftet durch das ständige Pumpen des lecken Schiffs. Der Rest Eine Nachbildung der Victoria kann in Sevilla besichtigt werden. hatte entweder in Timor desertiert (und starb an Skorbut oder Hunger) oder wurde in den Kapverden festgenommen. Die verbliebenen 18 Männer waren somit eindeutig die ersten Weltumsegler. Damit wurde nicht nur der Nachweis der Kugelgestalt der Erde gefestigt, sondern auch die Entdeckung Amerikas als eigenständiger Erdteil durch Columbus bewiesen. Durch den Verkauf der großen Ladung an Gewürzen konnten die gesamten Reisekosten wieder wettgemacht werden. Die verloren gegangenen Menschenleben wurden in dieser Rechnung allerdings mit null bewertet. Elcano, der ehemalige Meuterer, hatte letztlich also das vollbracht, wovon Magellan geträumt hatte. Eine Statue des Häuptlings Lapulapu auf Mactan. Wirkt recht fit für einen 70-jährigen. Lapulapus Nachfahren und ich Nach dem Schiffbruch meines ersten Katamarans begann ich in den späten 1970er-Jahren, Taboo III in Liloan auf Cebu zu bauen. Damals fuhr ich regelmäßig nach Punta Engaño auf Mactan, um von den dort ansässigen Händlern seltene Schneckenschalen zu erwerben. Die wurden von Fischern geliefert, die sich darauf spezialisiert hatten, Netze mit vielen Taschen in einer Tiefe von mehr als 100 Metern auf dem Seeboden auszulegen und 24 Stunden später wieder hochzuholen. Diese in der Regel seltenen und teuren Exemplare verkaufte ich weltweit an Händler und Sammler weiter und finanzierte teilweise damit den neuen Bootsbau. Die eher unscheinbare Kegelschnecke Conus thomae war besonders beliebt, weil sie für lange Zeit verschollen gewesen war. Die ersten Exemplare waren Tausende Dollar wert, mit weiteren Funden sank der Preis entsprechend. Es ist also durchaus möglich, dass mir die Nachkommen der Gefolgsleute von Lapulapu halfen, wieder ein Boot unter den Füßen zu haben. Die Bucht von Magellan, wo der große Seefahrer sein Leben verlor, liegt nur ein paar hundert Meter weiter. Dort ragt jetzt die überlebensgroße Statue von Lapulapu in den Himmel und erinnert an den Kampf, der vor gut 500 Jahren stattgefunden hat. 6/2024 37