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ocean7 6/2022

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Im Golf von Neapel. Amalfi, Sorrent, Capri, Ischia – und weiter bis zu den Pontinischen Inseln: Segeln im Reich der Schönen und Reichen. Gargano. Der Sporn des italienischen Stiefels ist als Revier unter Yachties weitgehend unbekannt – aber spannend z. B. von Kroatien aus zu erfahren. Was kostet die Charter-Welt 2023? Wir fragten mehrere Experten in Österreich und Deutschland. Absolute 56 Fly. Mehr Licht, Luft und Leichtigkeit: Probefahrt mit dem neuesten Flybridge-Modell der italienischen Edelwerft. Grand Soleil 42 LC. Der kleinste Long Cruiser in der Flotte des Cantiere del Pardo im Test. Insam. Der Schatz vom Comer See. Die Gaia-Hypothese. Reguliert die Erde sich selbst und uns weg?

Alles was Recht ist

Alles was Recht ist ILLUSTRATION: SERGEY NIVENS/SHUTTERSTOCK.COM Lass krachen! Die Erwärmung des Mittelmeers hat zu subtropischen Wetterverhältnissen geführt und die Zahl der Schadenfälle dieses Jahr enorm erhöht. Es sind vor allem Sachschäden, die zu einem Anstieg der Kaskoprämien führen werden. Schäden, die uns allen materiell wehtun, jedoch bei körperlicher Unversehrtheit absolut verschmerzbar sind. Denn auch die Unfälle mit Personenschäden auf Yachten haben zugenommen – nicht selten haftet dabei der Skipper für seine Crew. FOTO: GERNOT WEILER FRIEDRICH SCHÖCHL ist Skipper, Erfinder der Skipper-Haftpflichtversicherung und Gründer der Versicherungsgesellschaft Yacht-Pool. kolumne@ocean7.at Viele dieser „Personenschäden“ machen uns auch persönlich betroffen, weil wir mit zahlreichen Kunden mitunter langjährige Verbindungen pflegen und viele von ihnen zu Freunden wurden. Der jüngste schwere Unfall eines unserer Segelfreunde, den wir als hervorragenden Ausbildner kannten und der einen besonders großen Wert auf Sicherheit legte, hat uns besonders getroffen. Durch plötzlich aufkommenden Starkwind sah er sein Schiff in Gefahr und wollte es durch einen gewagten Sprung auf das sich bewegende Schiff retten. „Wie kann man das riskieren?“, hörte ich da das Gemurmel mancher Yachties. Aus eigener Erfahrung kann ich versichern, dass man zum eigenen Schiff eine emotionale Beziehung entwickeln kann, die dem eines Reiters zu seinem Pferd entspricht, das ihn stets treu durch dick und dünn gebracht hat. Da geht es eben nicht nur darum, den materiellen Schaden zu minimieren, der in diesem Fall ohnedies über uns versichert gewesen wäre, sondern um „sein Schiff “. LASS ES KRACHEN, KANN MAN IN SO EINEM FALL NUR SAGEN Auch wenn mir das als Versicherer schwer über die Lippen kommt. Aber die persönliche Unversehrtheit ist nun einmal das höchste Gut und mit Geld nicht aufzuwiegen. Wir sind immer wieder mit Unfäl len konfrontiert, die verschiedene Aspekte aufweisen, die ich hier als Warnung anhand konkreter Beispiele nennen möchte. Die persönlichen Körperverletzungen sind dabei das eine, aber leider sind Unfälle auf dem Schiff, bei denen es um Verletzungen von anderen Personen geht, dann sehr schnell auch mit Haftungsfragen verbunden. Routine als Unfallursache ist dabei ein wichtiger Punkt, wie dies im Editorial der letzten - Ausgabe unter dem Titel „Gefährliche Routine“ sehr treffend beschrieben wurde. Denn bis jetzt ging ja alles immer gut, sagt uns die persönliche Erfahrung. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die uns bekannten Unfälle hauptsächlich erfahrenen Seglern zustießen. Man hat es ja schon öfter erlebt, dass die Ankerkette beim Einholen des Ankers aus dem Kettenrad sprang – und dann schubst man sie per Hand eben wieder rein. Das Ergebnis einer solchen Aktion plus den Bruchteil einer Sekunde an Unaufmerksamkeit – und die Finger sind zwischen Kette und Kettenrad zerquetscht. Zwei Finger mussten in einem solchen Fall letzten Sommer 44 6/2022

amputiert werden. Einer anderen Person geschah dieses Missgeschick mit dem Fuß, er verlor einen Zeh. Auch bei einparkenden Schiffen darf nie versucht werden, mit den Beinen Kollisionen zu verhindern. Das Schiff ist so gut wie immer zu schwer und die Verletzungsgefahr daher hoch. Wer sich diesbezüglich an der Reling versucht, beschädigt nur die Relingsstütze. EIN KAPITÄN MUSS SICH DURCHSETZEN KÖNNEN Eine Gefahr bei den Männern ist auch das typische Pinkeln von der Heckreling ins Wasser. Es kommt dabei schon medizinisch zu einer Herabsetzung der Konzentration und in der Praxis zu einem Festhalten mit nur einer Hand. Uns liegt auch dazu ein Fall mit tödlichem Ausgang vor – und zwar von einem sehr routinierten Segler. Inwieweit bei Unfällen dieser Art den Skipper eine Mitschuld treffen kann, hängt immer vom konkreten Einzelfall ab – und mitunter auch vom jeweiligen Richter. Wie dies der Fall zeigt, wo eine erfahrene Mitseglerin bei einer Regatta ihre Finger durch zu schnelles Handeln zwischen Winsch und Genuaschot brachte und dabei eine Fingerkuppe einbüßte. Der Skipper wurde wegen mangelnder Aufklärung verurteilt und hatte die Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld zu bezahlen, war aber glücklicherweise haftpflichtversichert. Die Informationspflicht des Skippers gegenüber seinen Mitseglern – Stichwort „Sicherheitseinweisung“ vor jedem Törn – spielt also eine bedutende Rolle. Jedoch nicht immer haftet der Skipper, wie der Fall zeigt, in dem ein Mitsegler beim Einparken auf einem österreichischen Binnensee durch einen Ruck zu Boden fiel, sich den Arm brach, daraufhin für einige Zeit berufsunfähig war und dafür vom Skipper entschädigt werden wollte. Hier kam der Richter zu dem Urteil, dass jeder, der auf ein Boot steigt, auch wissen müsse, dass es wacklig sein kann, und sich auch entsprechend zu verhalten habe. Verurteilt wurde hingegen ein Skipper, der, weil schönes Wetter, seinem Mitsegler nicht empfahl, die Schwimmweste anzulegen. Beide wurden von einem plötzlich aufziehenden Gewitter überrascht, der Mitsegler ging über Bord und ertrank. Dem Skipper wurde vorgeworfen, seine Sorgfaltspflicht vernachlässigt zu haben. Seinem Einspruch, dass er sich bei dem plötzlich aufkommenden Gewitter beim Kochen unter Deck befand, den plötzlichen Wetterumschwung gar nicht mitbekommen hatte und es sich hier eben um ein plötzlich auftretendes, überraschendes und unabwendbares Ereignis (im Sinne der Unfalldefinition) handelte, wurde nicht stattgegeben. Ähnlich erging es dem Skipper, der mit einem Paar und dessen kleinem Sohn segelte, den er bei schönem Wetter anwies, die Schwimmweste anzulegen, was das Kind aber nicht wollte und die Eltern ablehnten. Der Bub ging über Bord und konnte glücklicherweise von einem Motorboot, das zufällig in der Nähe war, aufgenommen werden. Der Skipper wurde wegen Gefährdung des Lebens des Kindes verurteilt, denn er hätte die Verantwortung ablehnen und damit den „Ausflug“ abbrechen müssen. Heißt: Der Skipper muss seine Anweisungen auch durchsetzen! In alten Zeiten hatte der Kapitän dafür die Siebenschwänzige zur Hand … „Meine Crew besteht immer nur aus meinen Freunden, die würden mich nie in die Haftung nehmen“, sagen da manche Skipper. Das Problem ist, dass im Fall einer Körperverletzung der Krankenversicherer den Hergang des Unfalls mittels detailliertem Fragebogen genau hinterfragt und bei Verdacht von Fremdverschulden die Rechtsabteilung verständigt. Somit ist nicht mehr der Freund „Vertragspartner“, sondern seine Versicherung. STAATSANWALT VERSUS SKIPPER UND CREW Bei Personenschäden kommt womöglich auch noch der Staatsanwalt ins Spiel, wie der Fall zeigt, bei dem einer unserer Skipper bei plötzlich aufkommendem Schlechtwetter in einer Bucht vorsorglich vor Anker ging. Aufgrund des zunehmenden Wellengangs riss die Ankerkette. Dem Skipper wurde vorgeworfen, durch seine Entscheidung, in einer nicht ausreichend geschützten Bucht zu ankern, Fahrlässigkeit (nicht grobe – einfache genügt in solchen Fällen!) begangen und damit die öffentliche Sicherheit gefährdet zu haben. In diesem Fall die Sicherheit seiner Crew, mit der er seit über zehn Jahren jährlich einen Törn macht. Selbst die Aussage seiner Crew, dass sie sich zu keinem Zeitpunkt gefährdet gefühlt und ihr Skipper vorbildlich gehandelt hatte, half da nichts. Er wurde in erster Instanz verurteilt und ist nun vorbestraft. Für den Skipper ein massives Problem, denn er unterhielt intensive Geschäftsbeziehungen mit Amerika und wird demnach bei jeder Einreise auch zu Strafverfahren befragt. Er hatte aber zum Glück eine spezielle Rechtsschutzversicherung bei uns, die auch solche Fälle abdeckt. Nach vier Jahren konnten wir die Verhandlung in zweiter Instanz für ihn gewinnen, er wurde letztlich freigesprochen. Sicherheitseinweisung ist Pflicht, im schlimmsten Fall haftet der Skipper. FOTO: ARAGAMI12345S/SHUTTERSTOCK.COM 6/2022 45

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