Der Mond und das Meer Ein Hafen im Mondlicht (Ausschnitt), von Claude Joseph Vernet, 1771.
Der Mond war heuer in zahlreichen TV-Dokumentationen und in Printmedien prominent vertreten. Anlass war, dass sich die erste Mondlandung von Menschen zum 50. Mal jährte. Die Worte von Neil Armstrong bei seinem ersten Schritt auf die Mondoberfläche „That‘s one small step for man … one giant leap for mankind“ wurden legendär. Legendär sind auch die vielfachen Beziehungen zum Mond, die von der Menschheit im Lauf ihrer Geschichte entwickelt wurden. Neben religiösen, mystischen und esoterischen Vorstellungen über unseren Erdtrabanten diente er den frühen See - fahrern als Leitgestirn – und er ist ein wichtiger Zeitgeber für Meeresorganismen. Sein deutlichster Einfluss auf das Meer sind die Gezeiten. Text Reinhard Kikinger Erde und Mond rotieren um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Da die Masse der Erde um vieles größer als die des Mondes ist, liegt dieser gemeinsame Schwerpunkt innerhalb der Erde. Die Anziehungskräfte zwischen Erde und Mond und deren Interaktion mit dem Schwerefeld der Erde sind hauptverantwortlich für die Erzeugung der Gezeiten. Auch die Sonne ist an der Gezeitenbildung beteiligt. Ihr Einfluss auf die Gezeiten ist aber wegen ihrer großen Ent fernung nur etwa halb so groß wie der des Mondes. Die Stellung der drei Himmelskörper Erde, Sonne und Mond entscheidet über Verstärkung oder Abschwächung der gezeitenerzeugenden Kräfte. Die stärksten Gezeiten, die Springtiden, treten bei Voll- und Neumond auf. Die schwächsten Gezeiten, die Nipptiden, ergeben sich während der Quadratur im ersten und letzten Viertel, wenn die Kräfte von Sonne und Mond rechtwinkelig zueinander wirken. Die Spring- und Nipptiden treten mit ein bis zwei Tagen Verspätung nach den entsprechenden Mondphasen auf. Zur komplizierten Kräfteverteilung durch die astronomischen Tiden kommen noch Seichtwassertiden durch die Boden topographie und jahreszeitliche meteorologische Tiden. GEZEITENFORMEN UND REKORDE Das periodische Steigen und Fallen des Ruhewasserspiegels ist an Meeresküsten ein vertrautes Phänomen. Flut bezeichnet den Vorgang des Steigens des Wassers, Ebbe das Fallen, zusammen ergeben sie die Tide. Die Niedrig- und Hochstände des Wasserspiegels treten in ungefähren Abständen von entweder sechs oder zwölf Stunden auf. Dementsprechend spricht man von halbtägigen oder eintägigen Gezeiten. Es gibt aber auch gemischte Gezeitenformen, deren Wasserstandsschwankungen unregelmäßiger sind. Die durchschnittliche Gezeitenhöhe beträgt am offenen Ozean etwa einen Meter, an den Küsten meist wesentlich mehr. In trichterförmigen Buchten mit ansteigendem Meeresboden kommt es zu extremen Tidenhüben. Die Bucht von St. Malo an der Nordküste der Bretagne weist mit über elf Metern den höchsten europäischen Tidenhub auf. Weltweit sind die mehr als 14 Meter in der Bay of Fundy an der nordamerikanischen Ostküste der höchste bekannte Wert. In Nebenmeeren wie dem europäischen Mittelmeer, dem Roten Meer oder der Ostsee mit ihren seichten, schmalen Verbindungen zum Ozean sind die Gezeiten nur schwach ausgebildet. Im Mittelmeer beträgt der durchschnittliche Gezeitenhub etwa vierzig Zenti meter. Unser Langzeit-Satellit. Zahlreiche künstliche Satelliten umkreisen die Erde – und ein natürlicher, der Mond. Er war und ist wichtiger Begleiter und Zeitgeber. FOTO: SHUTTERSTOCK 6/2019 47
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