ocean7 6/2018

7. - 10. März 2019

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Editorial Vorsicht, ansteckend! „Nicht die Politik oder die Wirtschaft machen den Menschen, sondern das Land und seine Kultur“, sagte mir einst ein weiser Mann. „Und die türkische Küche ist einfach die beste“, fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu. Eh klar, dass er ein Türkei- Special schreibt“, werden sich nun vielleicht einige Leser denken. Eine gute Gelegenheit für mich, um etwas Aufklärungsarbeit in eigener Sache zu leisten: Ich bin zwar in Ankara geboren, wurde aber bereits im zarten Alter von sechs Monaten von meinen Eltern als Kind der ersten Gastarbeiter- Generation per Orient-Express nach Österreich verfrachtet. „Auf dem Bahnhof in Lienz hat zur Begrüßung die Blaskapelle aufgespielt“, erinnerte sich mein Vater zu Lebzeiten an das Jahr 1972. Kindergarten in St. Veit an der Glan, Gymnasium in Villach, Studium in Wien. Die Türkei kannte ich nur von den zweijährlichen Verwandtenbesuchen in den Sommerferien in der Heimat am Schwarzen Meer. Doch dann machte ich Bekanntschaft mit einem großen Segler, der die Türkei besser kannte als seine Westentasche. Nicht nur die Küste, sondern auch das gesamte Hinterland, die Menschen und ihre Kultur. Sein Wissen und die Leidenschaft in seinen Erzählungen über ein Land, in dem ich geboren und dennoch ein Fremder war, machten mich neugierig. Ich erkundete die Türkei entlang der Küste von Istanbul bis Antalya nach seinen Empfehlungen – und tue das noch heute. Warum, möchte ich hier verständlicherweise nicht an die große Glocke hängen. Aber ein aktuelles Beispiel bringe ich von Herzen gerne: Im Rahmen meines Recherche- Törns für die Geschichte „Das vergessene Paradies“ diesen Sommer (ab Seite 18) lagen wir mit unserer Tahsin Özen Journalist, Segler und Liebhaber aller Reviere und Yachten, Skipper, Chefredakteur. redaktion@ocean7.at Dufour von Phoenix Yachting für eine Nacht vor Anker in Aşı Koyu. Schnell war klar, dass wir in dieser Bucht kein Handynetz hatten – ein Unikum auf diesem Törn. Am nächsten morgen geisterte ein kleines Motorboot um unsere Pandeia, der Fahrstil des Skippers erinnerte mich an die Schlangenlinien eines alkoholisierten Autofahrers auf der Straße. Der Skipper war aber nicht betrunken, sondern rief laut meinen Namen. Als ich ihm antwortete, stellte er den Außen border ab und winkte mich an Bord – ich schwamm hinüber, vielleicht konnte ich ihm helfen. Wie sich herausstellte, war er mir zu Hilfe geeilt. Meine Lebensgefährtin in Wien hatte erstmals seit mehr als 24 Stunden nichts mehr von uns gehört und hatte vor Sorge die Base-Managerin Canan in Marmaris angerufen. Canan kontaktierte mit dem richtigen Gespür alle in Frage kommenden Wirte auf unserer Strecke (also auch das Restaurant Aşı Koyu weit hinten im Scheitel der Bucht) und bat sie, Ausschau zu halten. „Da bin ich halt gleich rausgefahren um nachzusehen, obwohl ich gar nicht Boot fahren kann. Ich bin ja nur der Koch und sonst ist noch keiner da um die Zeit …“ Danke Thomas für deine tollen Erzählungen zu Lebzeiten – und den Virus, mit dem du mich angesteckt hast. Foto: Fritz Abl Thomas D. Dobernigg (8/1948–10/2016), Gründervater von ocean7, hier auf einem Archivfoto in seinem Lieblingsrevier. 6/2018 3