„Traditional Day“ an der Schule von kitava auf den Trobriand-Inseln: Um das alte Brauchtum am Leben zu erhalten, tragen Knaben einen knappen Lendenschurz aus Pandanusblättern und Mädchen nur Grasröcke.
Grasröcke und Schnitzereien … oder eine Reise in die Vergangenheit. Text und Fotos Wolfgang Hausner Der Nordost-Monsun und eine starke mitlaufende Strömung hatte uns zwei Wochen zuvor im Nu von den Philippinen nach Papua- Neuguinea gebracht – wir be fanden uns in der Nähe der Marshall Bennet-Inseln. Während wir in Lee der Insel Kwaiwata entlangsegelten, kam ein alter Mann angepaddelt, der uns unbedingt den einzigen guten Anker platz zeigen wollte. Dort angelangt, sahen wir mit dem letzten Licht gerade noch die Korallen köpfe knapp unter der Wasseroberfläche. Wir machten einen superschnellen Rückzieher und ließen den Anker weiter draußen auf 35 Meter fallen. Am nächsten Morgen hakten wir im Nu die 26 Seemeilen bis zum Egum-Atoll ab, segelten durch die North-West-Passage und ließen den Anker vor einem langem Sandstrand fallen. Ein paar hundert Meter weiter befand sich eine malerische Ansammlung von Hütten, deren Dächer fast bis zum Boden reichten. Es dauerte nicht lange, bis einige Kanus zu Besuch kamen. Alle Männer brachten Tauschware mit: Trinknüsse, Muscheln, Schnitzereien aus Ebenholz. Wir waren schließlich in einer Gegend, wo diese Art von Handel nicht nur gang und gäbe ist, sondern auch von jedem Schiff erwartet wird – unseres natürlich inbegriffen. Bargeld hatte hier keinen besonderen Stellenwert. Taschenlampenbatterien, Seife, Angelhaken, Fischleinen und dergleichen waren gefragt. Nachdem wir einige Dinge getauscht hatten, saßen wir noch eine Weile auf dem Achterdeck herum und plauderten. Währenddessen zog ein Bursche eine spitze Bambusnadel aus seinem krausem Haar und stocherte damit in einer eitrigen Wunde auf seinem Knie herum. Diese unappetitliche Betätigung war bald von Erfolg gekrönt. Mit Grunztönen der Befriedigung harpunierte er eine fette Made, schnippte sie weg und deponierte die Nadel wieder in seinem Haar. Die in der Mweuia- Bucht feilgebotenen pechschwarzen und mit Perlmutt eingelegten Fantasiefiguren sind von höchster Qualität. Traditional Day Auf Kitava Bald darauf verlegten wir uns etwas, um nicht zu sehr in Reichweite der Dorfbevölkerung zu sein. Bald danach kamen junge Männer an, die sofort über das nahe Dorf zu schimpfen begannen, die Leute dort würden lügen, stehlen und obendrein nicht einmal ihre Kanus richtig dekorieren. Auf ihrer Insel wäre alles besser und wir sollten doch unbedingt dorthin kommen. Doch ich hielt nicht viel von der Route, die sie mir einreden wollten. Laut Seekarte war sie schon erreichbar, aber nicht auf dem von ihnen angegebenen Weg. Sie erinnerten mich an den alten Mann auf Kwaiwata. Auch er hatte zunächst über die Bewohner aller umliegenden Inseln geschimpft und uns danach zielstrebig zum Anker-, sprich Schiffsbruchplatz, gelotst. Stattdessen zogen wir eine Schleife nach Woodlark, einer größeren Inselgruppe weiter im Osten und waren wieder ein paar Tage für uns allein, ehe wir weiter nach den Trobriand-Inseln segelten und dort vor Kitava ankerten. Diese Insel hatte ich von meinem ersten Besuch mit Taboo als einen schönen Fleck am Rande der Zivilisation in Erinnerung – aber zwei Jahrzehnte waren auch hier nicht spurlos vorübergegangen. Fotos: Shutterstock (2) Alles Handarbeit, selbst das Segel ist aus Pandanusblättern ist ein Manufaktum. Für die Segelkanus gibt es eigene Bootshäuser. 6/2017 35
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