Philippinen Wer kneift, verliert Es ist ein Kommen und Gehen in Tambobo, zu Wasser und zu Lande. Die einen entdecken das Leben an Bord für sich, die anderen beenden es (oder das ihres Schiffes) auf die eine oder andere Weise hier. Ersteres gilt für den Schweizer Peter, der mit 70 noch gelernt hat, sich nicht unterkriegen zu lassen. Text und Fotos WOLFGANG HAUSNER Die Bucht von Tambobo am südlichen Ende der philippinischen Insel Negros war schon immer ein beliebter Treffpunkt für Yachties. Viele lassen den Anker fallen und bleiben gleich für mehrere Jahre hier hängen. Andere kommen und gehen unter. So wie die unbewohnte Beton- Ketsch, die über Nacht auf Tauchstation ging, bis nur noch die Masten aus dem Wasser ragten. Es dauerte eine Weile, bis der Besitzer ausgeforscht und kontaktiert werden konnte. Dieser befand sich in Irland, hatte aber nicht die Mittel, um nach Tambobo zu kommen. Also gab er sein Schiff zur Adoption frei – unter der Bedingung, dass es repariert und nicht verschrottet werden sollte. Das ist bereits Monate her, aber bis jetzt hat sich nie mand gemeldet. Das Schmug glerschiff von den Sulu-Inseln ist ein weiteres Wrack, das am Ufer der inneren Bucht vertäut ist und immer weiter ins tiefere Wasser rutscht. Es wurde von der Coast Guard mit einer illegalen Ladung Reis aufgegriffen, der Kapitän festgenommen und die Crew laufen gelassen. Bis auf einen, der das leckende Boot jeden Tag auspumpen sollte. Nachdem der Mann nach einer Zeit nicht mehr bezahlt wurde, verlor er das Interesse und verschwand. Der Holzkahn lief voll und war nicht mehr zu retten. Zudem liegen immer viele Fischerboote im flachen Wasser. Da wird zwischen den Tiden repariert oder Antifouling aufgebracht. PIZZA-HEIZKESSEL Neben den trägen Ankerliegern gibt es aber auch rührige Typen wie den Schweizer Peter Ming, der allerdings auf dem Landweg in der Tambobo Bay auftauchte. Er mietete sich ein und kaufte ein kleines Dampfboot, der ursprüngliche Besitzer war verstorben und die Nachfolger konnten nichts damit anfangen. Peter auch nicht, weil die vielen Kupferrohre und andere wichtige Antriebsteile nicht mehr vorhanden waren. Der schwere Heizkessel allerdings schon. Den baute Peter um und buk bald damit Pizza und Brot. 38 5/2023
Nicht nur das Schmugglerschiff von den Sulu-Inseln (links), auch viele andere Yachten und Boote aus aller Welt fanden in der Tambobo Bay ihr nasses Grab. Als nächstes entfernte er das am Heck angebrachte Schaufelrad und stattete sein neues Boot mit einer 100 PS starken Maschine samt Antrieb aus, die ihn bald lautstark über die stille Bucht katapultierte. Auf diesem Weg entdeckte Peter seine Liebe zum Wasser, aber sein Schiff bot ihm nur begrenzte Entfaltungsmöglichkeiten. Also kaufte er eine kleine Stahlyacht und war bald damit unterwegs. An und für sich nichts Besonderes, außer dass Peter mit seinen 70 Jahren zuvor noch nie gesegelt war. Nach ein paar Probetörns schipperte er im Alleingang nach Borneo. Jetzt war er da, in der Tambobo Bay. Der Zeitpunkt seiner Ankunft war nicht optimal, denn im Norden der Philippinen zog der Taifun Noru über Luzon. Das Zentrum war zwar etwa 300 Seemeilen weit weg, aber es handelte sich um ein ausgedehntes System das noch in Negros zu spüren war. Peter kämpfte total übermüdet mit schwerem Wetter und krachte am späten Nach mittag während eines Platzregens auf das Riff nahe der Einfahrt. DRESCHE MIT SYSTEM Das war beileibe nicht das erste Mal. Peter hatte da schon zuvor einschlägige Erfahrungen gemacht, aber seine Stahlyacht steckte das locker weg – bis durch einen Wasser einbruch die Maschine, die Batterien, der Kühlschrank sowie andere Ausrüstungsgegenstände auf Tauchstation gingen. Am folgenden Tag, bei besserem Wetter und hoher Tide, halfen ihm andere Yachties, sein Schiff freizubekommen und Nemo schwamm wieder. Allerdings nicht für lange, denn Peter legte Nemo seitlich auf den Strand, um den Schaden zu begutachten, der sich jedoch auf der anderen Seite im Wasser befand. Deshalb organisierte er eine Crew und stützte seine Yacht bei Hochwasser mit Bambus stangen ab, sodass sie aufrecht am Strand stand – bis der tropische Sturm Nalgae eine paar Tage später sein Schiff wieder umwarf. Allerdings auf die richtige Seite, wie Peter mit Genugtuung feststellte. Damit konnte er die Delle mit dem Vorschlaghammer bearbeiten. Von innen her und, wie er betonte, darf man nicht in die Mitte drauf losdreschen, sondern außen rundherum, damit die Delle selbstständig in die ursprüngliche Lage zurückspringt, was dann auch so passierte. Den Riss im Rumpf, der für den Wassereinbruch verantwortlich war, schweißte er wieder zu. Damit war sein Zuhause zwar trocken, aber nicht bewohnbar. Die hölzerne Ausstattung hatte sehr gelitten, das minderwertige Sperrholz, das beim Bau der Yacht in Neukaledonien verarbeitet worden war, löste sich in seine Grundelemente auf. Kein Problem für einen passionierten Bastler. Peter wollte sowieso die Einrichtung ändern. Zuerst suchte er sich eine Unterkunft bei dem Australier Nigel, der ein Resort in der Außenbucht von Tambobo betrieb und auch kleine Bungalows vermietete. Die Native-Style-Behausung war zwar romantisch, aber nicht wasserdicht. Das Nippa-Dach leckte und überall tropfte es runter, auch aufs Bett. Für Nigel war das kein Problem. er drückte Peter ein paar Kübel in die Hand, und damit war der Fall für ihn erledigt. Zum Monatsende zog Peter aus und mietete 30 km entfernt ein Haus. Sein Motorrad hatte er vor der Abfahrt gegen einen .45 Colt eingetauscht, also kaufte er wie- 5/2023 39
Laden...
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