FOTOS: PRIVAT, JL LHOMOND Segeln pur 2022 fällt der Startschuss für die dritte Auflage des legendären Golden Globe Race – und mit Michael Guggenberger will ein österreichischer Skipper die Herausforderung annehmen. Kein leichtes Unterfangen, wie er im -Interview verrät. Segeln wie früher ist dein Motto, was bedeutet das für dich? Segeln wie früher bedeutet für mich Segeln an und für sich. Die Einfachheit des Segelns. Ohne viel Technik ein Schiff unter Segel zu spüren. Über Krängung und Luvgierigkeit ein Schiff effizient, schnell, möglichst komfortabel und sicher zu fahren. Dazu braucht es keine Elektronik und keine besondere Hightech-Ausrüstung. Aber nicht falsch verstehen, ich steh total auf die neueste Technik, auf frische, knackige Laminatsegel auf einem flotten Boot und ich genieße die Einfachheit der Navigation auf meinem Kartenplotter, gekoppelt mit Radar und AIS. Aber das Gefühl, all diese Gadgets zur Verfügung zu haben, sie aber nicht notwendig zu brauchen, gibt mir eine gelassene Zufriedenheit. Golden Globe Race – wie bist du denn darauf gekommen? Seit ich die Bücher von Moitessier und Robin Knox-Johnston gelesen habe, hat Solosegeln für mich eine besondere Anziehungskraft. Und als Kopfabenteurer im Segelfieber bin ich beim Surfen über das GGR gestolpert. Das war bereits 2015. Ich habe mich augenblicklich in diese Idee verliebt und mich auch angemeldet, war aber leider noch nicht bereit dafür. Heute, sechs Jahre, viele Regatten, noch mehr Seemeilen und einige Ausbildungen später bin ich fit. Die Nina ist deine Auserwählte, wie habt ihr zwei euch gefunden? Wie so vieles ist auch meine Bootsauswahl durch Covid-19 beeinflusst worden. Ursprünglich habe ich eine Belliure Endurance 35 besessen. 2016 gekauft, sollte die Mizzi am 17. März 2020 nach Neunkirchen geliefert und einem umfassenden Refit unterzogen werden. Dieser Plan wurde durch die Pandemie von heute auf morgen über den Haufen geworfen. Es folgte eine Phase der Trauer und Resignation. Davon erholt, habe ich über andere Möglichkeiten nachgedacht, doch noch am Rennen teilzunehmen und das verlorene halbe Jahr wieder aufzuholen. Es blieb nur die Option, auf ein anderes, bereits fit gemachtes Schiff umzusatteln, da das Zeitfenster schon eng war. Also habe ich in der GGR- 2018-Flotte gesucht und Nina gefunden. Sie ist beim Rennen 2018 gestartet, hat es aber nicht bis ins Ziel geschafft. Sie war in sehr gutem Zustand und günstig zu haben. 38 5/2021
den sich meine Chancen deutlich erhöhen. Denn um aufs Stockerl zu fahren, muss man nun einmal das ganze Rennen fahren. Was wird die größte Herausforderung auf dem Wasser sein? Ganz klar die Einsamkeit. Beim Solo-Segeln komme ich zwar schnell in eine Routine, die den Tag ausfüllt, aber das Gefühl der Einsamkeit wird wohl immer wieder durchbrechen. Nina hingegen muss bereits vor dem Start perfekt in Schuss sein. Sie muss die Strecke, die ein Durchschnittsboot über ein gesamtes Bootsleben hindurch fährt, in einem Stück bewältigen. Einmal auf See, bleibt da nicht mehr viel Spielraum. Seit 2015 schwärmt Michael Guggenberger vom Golden Globe Race, 2022 will er selbst mit Nina an den Start gehen. Welche Qualifikationen bringt sie mit, welche du? Nina ist die Rumpfnummer 1 der Serie Biscay 36 von Falmouth Boat Construction und wurde von ihrem Voreigner Antoine Cousot durch ebendiese Werft einem sehr intensiven Refit unterzogen. Dabei wurde die gesamte Deckstruktur von innen verstärkt, die Deck-Rumpf- Verbindung aufgedoppelt und die Aufnahmen für die Püttings am Rumpf wurden erneuert. Dann noch neuer Motor, neues Rigg, neue Segel und neuer Anstrich, damit Nina auch optisch performt. Ich selbst habe im letzten halben Jahr noch ein neues elektrisches System installiert, die In nen ausbau ten neu montiert und lackiert, eine neue Pantry mit Kühlschrank eingebaut, eine Windfahnensteuerung am Heck montiert und viele andere kleinere Dinge erledigt. Ein erster Testlauf für zehn Tage und 1.300 Seemeilen hat einige Kinderkrankheiten aufgezeigt, von denen viele bereits behoben sind. Das nächste Jahr werde ich immer wieder für ein bis zwei Wochen ausfahren und das Augenmerk auf weitere Details richten. Zu meinem persönlichen Werdegang: Ich habe 2010 mit dem Segeln begonnen und 2013 meinen FB2 bestanden. Danach habe ich eine Ausbildung zum RYA Offshore Sailing Instructor abgeschlossen, halte derzeit einen FB3 und arbeite an meinem FB4 – da fehlt nur noch die praktische Prüfung. Am Attersee bin ich in einem Regattateam auf einer Ufo 22 unterwegs und mittlerweile arbeite ich auch als Segeltrainer für den YCA sowie für private Segelschulen, organisiere eigene Trainings und Törns. Wie laufen die Vorbereitungen für euer großes Abenteuer? Alles in allem fühle ich mich gut im Plan. Mein Ziel war es, eineinhalb Jahre vor dem Rennen ein fertiges Schiff zu haben, das ist mir schon einmal gelungen. Don McIntyre hat das Credo „Planning, Preparation, Execution“, ich bin bereits im Preparation-Teil. Momentan setze ich sehr viel meiner Energie dafür ein, einen starken Partner zu finden, mit dem ich gemeinsam dieses ganz besondere Abenteuer bestreiten kann. Mit einem größeren Budget wür Was weißt du über deine Mitbewerber und wie schätzt du deine Chancen ein? Einige Starter kenne ich bereits persönlich. Die Flotte ist gut durchmischt mit allerhand Skill- Levels. Da gibt es einige relativ unerfahrene Segler und einige Vollprofis. Ich selbst sehe mich da im Mittelfeld. Fakt ist, dass selbst die Besten auf ein Quäntchen Glück angewiesen sind – beim GGR 2018 haben ja mehrfach auch sehr routinierte Segler wegen technischer Gebrechen aufgeben müssen. Ich glaube, dass das GGR 2022 bis zu einem gewissen Grad bereits vor dem Rennen mit solider Vorbereitung von Schiff und Skipper entschieden wird. Eben dieser Vorbereitung widme ich mich seit einem Jahr in Vollzeit – und werde das bis zum Start weiterhin tun. Solo nonstop um die Welt Golden Globe Race. Das erste GGR wurde 1968 gesegelt und vom Briten Robin Knox-Johnston (nach 312 Tagen) gewonnen. Zum 50er-Jubiläum fand 2018 die Neuauflage der Hochseeregatta statt, die der Franzose Jean-Luc Van Den Heede (nach 212 Tagen) für sich entschied. Das nächste GGR startet am 26. Juli 2022. Mehr Infos: è www.goldengloberace.com Michael Guggenberger. Der Skipper, YCA-Trainer und Offshore Sailing Instructor mit dem Ziel, als erster Österreicher am Golden Globe Race teilzunehmen. Mehr Infos: è www.captaingugg.com 5/2021 39
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