Gebirgssegler Cup Was man neckt, das streckt sich! Als ein Eisenerzer vor 17 Jahren den 4. Platz beim Austria Cup belegte, nannte die Seglergemeinde den Steirer neckisch den „Gebirgssegler“. Mike Hecker, YCA-Commander der Crew Steiermark, ließ aus diesem Titel spöttischen Ursprungs die „größte Regatta des Yacht Clubs Austria“ erwachsen. Text und Fotos ANDREA SIKORSKI Beim ersten Gebirgssegler Cup (GSC) starteten drei Schiffe. Heuer kämpften bereits 32 in drei Klassen um den beehrten Wanderpokal. Rund 2.500 Personen nahmen in all den Jahren an dieser Regatta teil. Gestartet wird immer am Festland. An vier Wettfahrtstagen finden Navigationsfahrten zwischen den Inseln der Kornaten statt. Etappenziele sind einladende Häfen oder gut ausgestattete Marinas. Im Wettfahrtkomitee dabei ist alljährlich der Kroate Franjo Juric, ein sehr erfahrener Regattaleiter. Der GSC zählt zu den Regatten der Austrian Offshore Trophy. Soweit die sportlichen Rahmenbedingungen. Showeinlagen der einzelnen Crews, Marketenderinnen in Tracht, die Lose verkaufen, ein Zock-Spiel mit Gewinnen, wie ein Rundflug oder das Nenngeld für die nächste Regatta, Stegfest mit steirischem Buffet, Dirndl und Lederhose, Galaabend mit Siegerehrung und ein stets gute Laune verbreitender Mike Hecker als Organisator machen das „Erfolgs-Rezept“ dieser Veranstaltung aus. MOTIVATION STATT DRUCK Mike beschreibt seine Regatta als „die größte Familienfeier auf der Adria“. Am Wasser wird fair „gefightet“, am Abend sitzen alle „zam“ und feiern. In „seiner Regatta-Großfamilie“ treffen sich Jung und Alt, erfahrene Segler und Neueinsteiger, Fahrtenund Profiskipper. Auf der „hohen Kante“ und abends wird genetzwerkt. Vom Schneeketten-Vertreter und Versicherungsmakler bis zur Köchin oder Züchterin von bordtauglichen Hunden treffen sich diverse Berufssparten. Günter Pachschwöll, professioneller Filmproduzent und begeisterter Hobbysegler, begleitet per Drohne die Regatta. Vor der Siegerehrung präsentiert er jedes Jahr seinen spektakulären Mitschnitt in bewegten Bildern. Der Anteil der Seglerinnen beträgt beim GSC um die 25 Prozent, heuer waren 47 Frauen mit dabei. Acht von ihnen segelten als Damencrew auf einem eigenen Schiff. Die Anzahl der Skipperinnen ist allerdings noch immer verschwindend klein. Nur Gerhild Dengg und Claudia Hofer stehen 30 Kapitänen gegenüber. Beide sind erfahrene Seglerinnen und selbstständige 54 4/2024
Geschäftsfrauen. Gerhild ist Offshore Sailing Instructor und Skipperin bei vielen Regatten. Claudia segelt nicht nur Dickschiffe, sondern auch Clubregatten gemeinsam mit Gerhild am Grundlsee. Beide werden geschätzt wegen ihrer ruhigen, partnerschaftlichen Kommunikation an Bord und Fachkompetenz – sie bewahren auch Ruhe, wenn es eng wird und der Wind richtig pfeift, Anlegemanöver schwierig werden oder technische Probleme auftreten. Die Damencrew unter Skipperin Claudia musste einen Motorschaden wegstecken. Trotzdem belegte sie in der Einheitsklasse Bavaria 46 mit Gennaker den fünften Platz von 14, in der Gesamtwertung segelte sie auf Platz 20. Zum zweiten Mal dabei ist das Jugendschiff mit Skipper Pauli Bleyer, 22-jähriger Juniorchef von „Steirerland Bleyer“. Das Durchschnittsalter der drei Mädels und vier Buben an Bord betrugt 21 Jahre. Einer davon ist Sebastian Bachl (wegen seiner beachtlichen Größe „Maibaum“ genannt). Er wird 2025 an der Einhand-Transatlantik-Regatta „Mini-Transat“ von Frankreich bis in die Karibik an den Start gehen. Das Jugendteam um Pauli auf einer Bavaria 46 belegte in der Gesamtwertung Platz 26. Vierfach-Olympiateilnehmer Nikolaus Resch und Johannes Rupitz, Bundesliga-Segler im YCA- Team, waren heuer ebenfalls Teil von Mike Heckers „Regattafamilie“. Niko Resch und seine Crew gewannen in der offenen Klasse den Gebirgssegler Cup. Nikos Erfolgsrezept: Positionen nach Können aufteilen. Kein Wechsel der Positionen während der Wettfahrt. Klare, ruhige Kommandos. Kein Befehlston. Abläufe festlegen, wenn ein Manöver misslingt (z. B. wenn der Gen naker als Eieruhr am Vorstag hängt oder gar im Wasser landet, ein Fall oder Segel reißt u. ä.). Motivation statt Druck. Druck erstickt Können und Wollen FOTO: GÜNTER PACHSCHWÖLL Organisator Mike Hecker ist Garant dafür, dass alle Teilnehmer des GSC (siehe Gruppenfoto) segel- und wassersportlich, aber auch unterhaltsam und kulinarisch mit einer Prise Steiermark verwöhnt werden. einer Crew. Im Leistungssport als „Choking- Phänomen“ (Choking = Abwürgen) bekannt. Gebirgssegler Cup 2024 AUCH FLAUTE MACH SPASS Zu den spektakulärsten Anblicken zählt der Moment, wenn an der Wendemarke Gennaker und Spinnaker auf der Regattabühne auftreten und das „Geschwader“ mit ihren bunten Zugvögeln weiter über das Meer zieht. Geplant waren sechs Wettfahrten zwischen Murter (Start- und Zielhafen), Biograd und Veli Iz. Wetterbedingt erfolgten nur drei Navigationsfahrten. Die Vierte fiel wegen Flaute buchstäblich ins Wasser und endete mit Badespaß auf der Badeplattform statt Gewichtstrimm auf der hohen Kante. Wieder einmal bestimmten maximaler Speed nach Lee und Luv, taktisch perfekte Teamarbeit, optimaler Segel- und Gewichtstrimm, schnelle Manöver und smarte Einschätzung der Gegner den Platz auf der Ziellinie. Fair Winds! Die Regatta. Der jährlich ausgetragene Gebirgssegler Cup wurde heuer vom 21.–25. April ab Murter gesegelt. Es gingen 32 Schiffe in drei Klassen an den Start: zehn First 35 mit Spinnaker in der Einheitsklasse, 14 Bavaria 46 mit Gennaker in der Einheitsklasse, acht Yachten in der ORC mit Beisegel ohne Einheitsgruppe. Drei von sechs Wettfahrten fanden statt. Die Gewinner. Einheitsklasse First 35: Taurus, Skipper Herbert Nitzlnader. Einheitsgruppe Bavaria 46: MH49, Skipper Stefan Eder. Offene ORC: Aqua Nomis, Skipper Niko Resch. All over: Aqua Nomis, Skipper Niko Resch. Nächster Termin: Der 18. Gebirgssegler Cup wird vom 13.–17. April 2025 gesegelt. Anmeldungen werden vom Organisator Mike Hecker entgegengenommen (Einheitsklasse First 35 bereits ausgebucht). Keine Gruppen ohne Beisegel! è mike.hecker@yca.at è www.yca.at Trainingstage. „Nach dem Training gleich an den Start“: Der YCA bietet Trainingstage termingenau vor dem Gebirgssegler Cup an. Crewtraining mit Coach ermöglicht eine intensive Beschäftigung mit „Segel & Schiff“. Hinter jedem Handgriff und jedem Manöver steckt eine ausgeklügelte Technik, die immer den Gesetzen der Physik unterliegt. Nur wer diese versteht, „begreift“ das Spiel mit den Leinen. 4/2024 55
YACHTING, REISEN UND MEER 4/2024 Ju
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