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ocean7 4/2020

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Alva Yachts. Bootsbauer Mathias May und Bootsdesigner Holger Henn suchen die ultimative Symbiose zwischen Mensch, Mobilität und Meer. OceanLife-Törns. Segeln im Einklang mit der Natur, von den Fjorden Norwegens bis zu den Kapverdischen Inseln – natürlich auf einer Explorer-Yacht. esse 330. Die Schweizer Essenz des Segelns, erfahren auf dem Zürichsee. Heimkehrer. Die Rückkehr der Adria-Delfine, dokumentiert vom österreichischen Meeresbiologen Manuel Marinelli. Ant Arctic Lab. Norbert Sedlacek will nun definitiv 34.000 Meilen um die Welt segeln. Und zwar nachhaltig – mit seiner aus Vulkanfaser und Balsakopfholz gefertigten Open60AAL von Innovation Yachts. Im Reich der Finsternis. Nachttauchgänge im freien Wasser als ultimativer Kick für Kenner – mit spektakulären Fotos von Marco Steiner. Eingesperrt im Mittelmeer. 43 Tage lang blieb Sebastian Kummer wegen Corona im Niemandsland zwischen Griechenland und der Türkei hängen. Im ganz persönlichen Interview mit erzählt er von seinen lichten und dunklen Momenten während der Odyssee und wie er sich nach dem Happy End fühlt. Sie weiß alles! Die neue Garmin quatix 6 im wassersportlichen Redaktionstest auf der Alten Donau in Wien.

xxxxx xxxx Eingesperrt

xxxxx xxxx Eingesperrt im Mittelmeer Seine Geschichte ging durch die Medien: 43 Tage lang blieb Sebastian Kummer im Niemandsland zwischen Griechenland und der Türkei hängen. Dabei wollte der Skipper und WU-Professor doch nur für Pitter Yachting einen Segelkat von Frankreich nach Göcek überstellen. Im ganz persönlichen Interview mit erzählt er von seinen lichten und dunklen Momenten während der Odyssee und wie er sich nach dem Happy End fühlt. Des Professors verrückte Odyssee begann am 18. Februar in Les Sable d‘Olonne (FR) und endete am 16. Mai in Biograd (HR). Ihr seid mit einer neuen Lagoon 46 am 18. Februar zu dritt in Les Sable d‘Olonne gestartet. Knapp drei Wochen später warst du plötzlich allein? Da ich eine Professur in China habe, habe ich die extremen Maßnahmen gegen Covid-19 in China verfolgt und meine für Mai 2019 geplante Reise dorthin schon verschoben. Ich war immer der Meinung, dass der Virus sehr gefährlich sein muss, wenn China durch derart drastische Maßnahmen seine Wirtschaft schwächt. In Mallorca erfuh­ ren wir, dass ganz Italien zur roten Zone erklärt wurde. Wir waren uns schnell einig, dass es das Beste ist, wenn meine zwei Mitsegler von Mallorca zurück zu ihren Familien fliegen. Mir ging es hauptsächlich darum, dass meine Crew, für die ich als Skipper verantwortlich bin, in Sicherheit kam. Hattest du keine Bedenken, alleine bis ins türkische Göcek weiterzusegeln? Eigentlich nicht. Meine Hoffnung war, dass ich auf dem Weg auf we­ nig Verkehr und vor allem wenige Fischerbojen und Fischer treffen würde – das war meiner Erfahrung nach bei Nachtfahrten die größte Herausforderung. Ich hatte viel über Einhandsegeln gelesen und hatte schon vorher Schiffe alleine überführt, allerdings ohne Nächte durchzusegeln. Bis nach Griechenland ging ja dann auch alles glatt ... Nachdem ich gehört hatte, dass die Einreise in die Türkei nicht möglich war, beschloss ich, zunächst einmal Griechenland anzusteuern. Ich ankerte vor Tilos in einer unbewohnten Bucht und hatte gerade das Abendessen auf dem Herd, als ein Schnellboot der griechischen Küstenwache hinter meinem Katamaran auftauchte. Der Kapitän rief mit einem Megafon und ein maskierter, schwer bewaffneter Polizisten richtete, als ich in Badehose ins Cockpit kam, seine Maschinenpistole auf mich. Ich erklärte, dass ich auf einem Überführungstörn sei und ein Sailing Permit für Griechenland habe. Die Beamten kon trollierten meine Papiere, telefonierten mit ihren Vorgesetzten und sagten mir, ich hätte ein schweres Verbrechen begangen, für das sie mich normalerweise ins Gefängnis werfen müssten. Wenn ich aber sofort den Anker lichten und in die Türkei segeln würde – mein Katamaran war türkisch beflaggt –, könnte ich mich der Festnahme entziehen. Sie sagten aber auch, dass sie wissen, dass ich nicht in die Türkei einreisen könne. Ich war perplex, wusste aber, dass man mit der griechischen Küstenwache nicht diskutieren kann. Also lichtete ich den Anker und fuhr direkt Richtung Süden und dann an der Südspitze 18 4/2020

von Tilos in Richtung Türkei. Für 1,5 Stunden folgte mir die Küstenwache. Ich rief Volkan, den Stützpunktleiter von Pitter Yachting in Göcek an, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Aufgrund des Wetters und der Situation entschieden wir, dass es das Beste sei, wenn ich zunächst Kurs auf die Bucht von Bozukkale nehme. Du bist schließlich nach Göcek gesegelt, aber nicht ganz ... Am 29. März beschloss ich, in die Bucht Tersane, ca. fünf Meilen von Göcek entfernt, zu segeln. Auch um näher an der Basis zu sein. Sechs Wochen musste ich in der Bucht ausharren. Freunde brachten mir eine türkische SIM-Karte für den Internetzugang und frisches Obst, Gemüse und Wasser. In der Türkei waren alle sehr freundlich, der Betreiber eines Restaurants bot mir am nächsten Morgen Hilfe an, die Fischer fragten, woher ich käme und boten mir Fisch an. Ich fühlte mich gut und wurde von Tag zu Tag ruhiger, weil ich das Gefühl hatte, geduldet zu sein. So lange auf einem Boot und immer in derselben Bucht vor Anker, wie vertreibt man sich da die Zeit? Nun, ich war ja in der schönsten Quarantäne der Welt. Zum einen fühlte ich mich sehr sicher, da ich ja nie weniger als vier oder fünf Meter Abstand zu anderen Menschen hatte. Mir war auch nie langweilig, ich hatte stets genug zu tun, hatte einen gut strukturierten Tag, hielt über das Internet viel Kontakt zu Freunden und Kollegen, war bemüht, mich mit Schwimmen, Kanutouren und Kraftübungen fit zu halten. Außerdem konnte ich dank Internet auch arbeiten. Ich leite an der Wiener Wirtschaftsuniversität das Institut für Transportwirtschaft und Logistik und stand in engem Kontakt mit meinen Mitarbeitern. Wir hatten während der Corona krise viel zu tun, weil wir die gesamte Lehre auf Online-Veran staltung umstellen mussten. Nach 43 Tagen im Niemandsland konntest du schließlich den Kat in Göcek abliefern und mit einem anderen Lagoon-Kat nach Biograd ablegen … Als ich den Ausreisestempel im Pass hatte, machte ich auf dem Zollkai drei Luftsprünge. Auch wenn die Zeit wunderschön war und ein wenig Wehmut mitschwang, so hatte ich das Gefühl, dass es Zeit war, nach Hause zu kommen. Ich wollte meine Familie und Freunde wiedersehen. Einhand bis nach Biograd – nach all den Schwierigkeiten ein Klacks, oder? Ach, schön wär’s gewesen! Aber schon am zweiten Tag geriet bei über 30 Knoten Wind meine linke Hand zwischen Reffleine und Rolle, ich konnte sie keinen Millimeter bewegen, hatte unvorstellbare Schmerzen und Panik, die Hand zu verlieren. Ich spürte so etwas wie Todesangst und dachte, wenn ich nun ohnmächtig werde und nicht mehr aufwache, zerschellt das Schiff an irgendeiner Klippe. Doch es gelang mir, meine Hand zu befreien. Sie brannte höllisch, also kühlte ich sie mit dem tiefgekühlten Thunfisch aus dem Gefrierfach. Ich legte mich auf das Sofa im Salon, atmete tief durch und sang dreimal „Großer Gott, wir loben dich“. Ich bin nicht besonders gläubig, aber irgendwie hatte ich in diesem Moment das Gefühl, dass Gott noch nicht wollte, dass mein Leben so endet – und dafür kann man sich schon einmal bedanken. Drei Monate hat deine Odyssee gedauert – wie fühlt es sich an, wieder zu Hause in Wien zu sein? Ich habe das Gefühl, dass ich vorsichtiger bin als die Menschen, denen ich in der Stadt begegne. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich auf dem Schiff so sicher und geschützt vor Covid-19 gefühlt habe. Ich vermisse natürlich sehr das Meer und die Natur, habe aber das Glück, dass mich aus meiner neuen Wohnung vieles an die schöne Zeit auf See erinnert. Auch hier geht die Sonne wunderschön im Osten über dem Prater auf, und von meiner Dachterrasse genieße ich den Blick auf den Donaukanal. Zudem hat mich Volkan angerufen, sich nach meinem Befinden erkundigt und nebenbei bemerkt, dass eine Bavaria 46 von Biograd nach Göcek überführt werden müsste. Vielleicht werde ich ja demnächst wieder das machen, was viel Spaß macht und in Corona-Zeiten sehr sicher ist: Segeln. „ Sebastian Kummer hat uns allen gezeigt, wie wichtig es ist, auch in schwierigen Zeiten guten Mutes zu sein und stets nach vorne zu blicken.“ Klaus Pitter, CEO Pitter Yachting 4/2020 19

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