Fragwürdige Andenken Ausgestopfter juveniler männlicher Riffhai. Das aufgerissene Maul darf natürlich nicht fehlen. Igelfische schlucken bei Gefahr Wasser, bis sich ihre Stacheln senkrecht aufstellen. Das funktioniert als Schutz vor Fressfeinden, aber nicht vor skrupellosen Sammlern, Händlern und deren gedankenloser Kundschaft. Die Orgelkoralle, Tubipora musica, besitzt mehrere Etagen von roten Röhren, die an Orgelpfeifen erinnern. Sie wurde früher auf den Malediven in der traditionellen Medizin verwendet. Neben ihrer Verwendung in traditioneller chinesischer Medizin werden getrocknete Seepferdchen leider auch als Souvenirs angeboten. Nur Schnecken, die lebend aufgesammelt und dann getötet wurden, liefern solch makellose Schalen. Bei diesen Turbanschnecken wurden die äußersten Schichten der Schale (Periostracum und Ostracum) stellenweise abge - schliffen, damit die Perlmuttschicht (Hypostracum) zur Geltung kommt. Kugelfische, die sich in ihrem Todeskampf zu Kugeln aufgeblasen haben. Sie sind mit künstlichen Augen und neckischen Hütchen „verziert“. Jeder Taucher und Schnorchler, der Kugelfische kennt, leidet bei diesem Anblick. Die häufigsten Irrtümer Gezielte Desinformationen durch die Verkäufer oder falsche Vorstellungen der Touristen verleiten oft zum Kauf der attraktiven Muschel- und Schneckenschalen. – Das Objekt stammt von hier und ich möchte es als Andenken an meinen Urlaubsort mitnehmen. Tatsache: Fast alle großen Muschel- und Schneckenschalen, Seesterne etc. stammen aus tropischen Meeren, meistens aus Korallenriffen. Sie haben mit dem Urlaubsort am Mittelmeer nichts zu tun, außer, dass sie dort verkauft werden. – Das Tier war schon tot, als seine Schale gesammelt wurde. Tatsache: Die Tötung erfolgte für den Handel. Nur von lebenden Schnecken und Muscheln sind perfekte Schalen zu gewinnen. Leere Schalen korrodieren im Meer sehr rasch und werden durch Aufwuchs unattraktiv. – Der Seestern ist künstlich. Tatsache: Er sieht nur künstlich aus, ist aber echt. Seine Arme wurden vor der Trocknung in perfekt symmetrische Stellung gebracht. Die manchmal intensive Färbung ist bei einigen Arten natürlich, manchmal wird aber auch künstlich nachgeholfen. – Die Schalen und Korallen werden offen angeboten, daher kann ich mit gutem Gewissen kaufen. Tatsache: Es ist ein Teufelskreis. Der Kunde kauft, weil das Angebot da ist. Der Händler bietet an, weil der Kunde kauft. – Mit dem Kauf unterstütze ich Arbeitsplätze in Entwicklungs ländern. Tatsache: Die Plünderung der Meere ist keine nachhaltige Entwicklung. Der Kauf dieser Souvenirs unterstützt langfristig niemanden, sondern fördert den Nieder gang von Lebensräumen. Aus ökologischer Sicht Ökosysteme funktionieren durch die Vernetzung zahlreicher Komponenten. Wenn beispielsweise aus einem 40 3/2017
Korallenriff massenhaft Schnecken entnommen werden, wird das Auswirkungen auf diesen Lebensraum haben. Dafür gibt es gut untersuchte Beispiele. Die meisten Schneckenarten sind sogenannte Weidegänger. Mit ihrer Radula, einer Art Raspelzunge, hobeln sie Algenaufwuchs vom Substrat ab. Werden die Schnecken abgesammelt und womöglich auch noch weitere Weidegänger wie Papageifische und Seeigel abgefischt, kann das zu einer Veralgung ganzer Riffab - schnitte und damit zu ihrem Ab - sterben führen. Eine besondere Spezies ist das Tritonshorn, Charonia tritonis – einer der wenigen Fressfeinde der Dornenkrone, Acanthaster planci, einem Seestern, der Korallenpolypen frisst. Wird das Tritonshorn übersammelt, kann das einer der Gründe für zu häufiges Auftreten der Dornenkrone sein, die Korallenriffe dann schwer schädigt. Die vielen Muscheln und Schnecken, deren Schalen als Mitbringsel angeboten werden, fehlen als wichtiger Bestandteil in ihrem angestammten Milieu. Wissen schaft - liche Schalensammlungen (Con- chylien sammlungen), seien sie öffentlich oder privat, haben natürlich ihre Berechtigung. Dagegen ist der massenhafte Tod der Tiere, um ihre Schalen als Souvenirs zu verkaufen, die dann oft daheim in einer Ecke verstauben oder als Deko- Element in einem Geschäft landen, durch nichts zu rechtfertigen. Wir haben die Macht, dieser Umweltschädigung durch unser Kaufverhalten einen Strich durch die Rechnung zu machen. Voraussetzung sind Aufklärung und Verantwortungsbewusstsein – auch im Urlaub. Denkt niemand daran, dass die Entnahme solcher Unmengen von Riff-Organismen negative Auswirkungen auf ihren ehemaligen Lebensraum haben wird? Das war einmal ein beachtliches Korallenriff. Nun ist es tot und von Braunalgen überwachsen. Stirbt eine Schnecke eines natürlichen Todes, wird ihre Schale rasch von Kleinorganismen besiedelt und dadurch optisch un - attraktiv. 3/2017 41
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