Sturmsegeln Die Mausefalle Wer sich nur auf die Voltanzeige des Solarladereglers verlässt, verliert, da diese nicht zwangsläufig mit der Batteriespannung übereinstimmen muss. Während eines Sturms zu dieser Erkenntnis zu kommen, machte Verdruss. Text und Fotos Wolfgang Hausner Während eines tropischen Sturms im letzten Jahr ankerten wir in der Bucht von Santiago auf den Camotes-Inseln. Laut Vorhersage sollte Tokage südlich von uns vorbeiziehen, damit hätten wir nördliche Winde und würden total sicher vor Anker liegen. Es kam aber nicht so. Der Sturm ignorierte die Prognose und schraubte sich weiter nördlich vorbei. Mit der neuen Zugrichtung drehte der Wind ohne Warnung auf Südwest und stand damit schräg in die Bucht. Loida merkte das zuerst und weckte mich um ein Uhr früh, nachdem ich bis Mitternacht ein Auge auf die Situation gehalten hatte. Wir kratzten bereits an den Korallen. Loida stürzte nur in kurzer Hose und T-Shirt hinaus in den peitschenden Regen, um die Lage zu sondieren. Noch stand kein Schwell in die Bucht, aber das sollte sich bald ändern. Mit an Bord waren zwei Gäste, Wolfgang und Monica, sowie meine Tochter Vaitea. Wir mussten so schnell wie möglich aus dieser Mausefalle raus, konnten aber den Motor nicht einsetzen, da die Batterien ausgelaugt waren. Wer oder was war schuld? Ganz einfach: der Skipper. Ich hatte den neu installierten Watermaker an und mich auf die Voltanzeige des Solarladereglers verlassen, die aber nicht mit der Spannung der Batterien übereinstimmte. Plan B: das Ankergeschirr dalassen und schleunigst unter Segel aus der Bucht flüchten. Loida und Vaitea klarierten das Ankerseil, Wolfgang machte das angeschlagene Stagsegel zum Heißen fertig. Sobald wir am richtigen Bug abfielen, schrie ich nach vorne „Segel hoch“, was Vaitea und Wolfgang mit vereinten Kräften erledigten, aber nicht einfach war, da die Schot bereits belegt war. Sobald die Taboo III etwas Fahrt aufnahm, ließ Loida die über 70 Meter lange Ankertrosse 28 3/2017
Loida kann mit meinem 38er- Trommelrevolver umgehen. Da wusste ich, dass ich die richtige Partnerin gefunden hatte. kontrolliert ausrauschen. Nach einer weiteren leichten Grundberührung waren wir in tieferem Wasser und damit in Sicherheit. Spuk vorbei Wolfgang sagte mir später, er hätte eine mulmiges Gefühl gehabt, als wir in die schwarze, stürmische Nacht hineinsegelten. Seiner Meinung nach waren es 100 km/h – für mich war es weniger, aber es reichte mir auch. Während der restlichen Nacht stand ich am Steuerrad. Erst drehte der Wind auf Süd, dann Südost. Wir machten kehrt und waren bei Tagesanbruch wieder bei der Santiago Bay, segelten aber ein paar Meilen weiter, um an der Westküste der Insel einen ruhigen Ankerplatz zu finden. Einen Tag später war der Spuk wieder vorbei und wir segelten zurück nach Santiago. Wolfgang ging schnorcheln, fand sofort das Ankergeschirr und gemeinsam mit Vaitea und Loida schwammen sie mit dem schweren Nylonseil zum Dinghi, wo ich gerade dabei war, Kette und Anker an Bord zu hieven. Die Episode war abgehakt, hätte aber auch ins Auge gehen können, wenn der Sturm auflandiger gewesen wäre. Nach dem Törn installierte ich ein digitales Messgerät, um die echte Spannung der Batterien auf Knopfdruck überprüfen zu können. Meine Crew? Loida! Meine vorherige Lebensgefährtin Rodelyn war für fünf Jahre an Bord gewesen und alles hatte geklappt. Aber wie so oft in einer Verbindung begann sich ein Ende abzuzeichnen. Wir lebten die letzten Monate eher neben- als miteinander. Auch hatte es einige Vorfälle gegeben, die mir echt gegen den Strich gegangen waren. Unter anderem weigerte sie sich, auf einen Törn zu kommen – und das zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, nämlich zwei Tage vor Ankunft meiner Gäste. Rodelyn verschaffte mir allerdings kurzfristig ein Mädchen – und schoss sich damit selbst ins Knie. Loida arbeitete für zwei Wochen auf dem Schiff, kochte ausgezeichnet und war ein Hit mit den Gästen. Wir verstanden uns auch gut und ich offerierte ihr einen Job auf meiner Taboo III, sollte sich die Gelegenheit dazu ergeben. Aber noch war ich ja mit Rodelyn liiert. Doch unsere Verbindung begann über die nächsten Wochen echt zu kippen, bis es gar nicht mehr ging. Mit Loida war ich noch immer in Verbindung. Sie war gerade bei ihren Familie in Mindanao und wollte bald wieder in einer Bäckerei arbeiten, was sie schon vorher getan hatte. Per SMS und Telefon kamen wir uns näher und sie erinnerte mich an das Angebot, das ich ihr gemacht hatte. Kurzum: Loida packte ihre Sachen und fuhr mit der Fähre nach Cebu, wo ich sie im Hafen abholte. Loida kocht Nicht nur kocht Loida sehr gut, sie ist auch eine ausgezeichnete Crew, die mir bei allen anfallenden Arbeiten wie Steuern, Segel setzen oder bergen hilft. Auch hat sie keine Scheu braun zu werden, was auf den Philippinen und auch sonst in Asien nicht gerade dem Schönheitsidol entspricht, sich aber auf dem Wasser kaum vermeiden lässt. Seekrankheit ist ein weiteres Thema. Ich hatte einmal ein Mädchen von Panay, dem selbst am Ankerplatz in Boracay übel wurde. Loida wird auch manchmal seekrank. Einmal arbeitete sie in der Pantry, erbrach sich – und kochte weiter. Die richtige Partnerin Noch erwähnenswert, weil es mich selbst verblüfft hat: Meine Art, den Mast hinaufzuklettern ist, mich mit den Füßen gegen den Mast zu stemmen und mich an dem gestrafften Genuafall hochzuhanteln. Sieht relativ einfach aus, erfordert aber viel Kraft in den Armen. Von den vielen Gästen, die ich über die Jahre an Bord hatte, versuchten einige, mir das nachzumachen. Aber nur vier schafften es, bis zur Saling hochzukommen. Loida sah mich das tun und brachte es gleich beim ersten Mal auf die Reihe. Außerdem kann sie mit meinem 38er-Trommelrevolver umgehen, was auch nicht gerade eine Selbstverständlichkeit ist. Da wusste ich, dass ich die richtige Partnerin gefunden hatte. Loida aus Mindanau ist die Crew, Köchin und Partnerin des Weltumseglers Wolfgang Hausner. Sie kümmert sich auch gerne um die Gäste an Bord der Taboo III. è www.wolfganghausner.com eigene Basen in Kroatien Sun Odyssey 519 in unserer Flotte YACHTING 2000 ab 2017 4112 St. Gotthard/Linz Am Steinberg 8 Tel. 0043 7234 / 845 45 office@yachting2000.at 3/2017 29 CHARTER I SALE I MANAGEMENT
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