OCEAN7Service Perlen faszinieren die Menschen seit Jahrtausenden. Auch unsere Lanzeitsegler auf der SY Pitufa. Die OCEAN7-Autoren Birgit und Christian haben eine Perlenfarm in der Südsee besucht. Text und Fotos: Birgit Hackl und Christian Feldbauer Die schwarzen 44 OCEAN7 05/2016 | September/Oktober 2016
Südseeperlen Man stelle sich vor, wie überrascht unsere frühgeschichtlichen Vorfahren gewesen sein müssen, als sie bei der Nahrungssuche irisierend glänzende Kügelchen im Fleisch von äußerlich wenig ästhetisch ansprechenden Muscheln fanden. Eine Beigabe in einem 7.000 Jahre alten neolithischen Grab auf der arabischen Halbinsel belegt den Wert, der diesen Schmuckstücken schon damals beigemessen wurde. Durchs gesamte Altertum und Mittelalter zierten die durch ihre Seltenheit wertvollen Perlen nur die Gewänder und Schmuckstücke der Reichen und Schönen, denn nur einige wenige von weltweit 10.000 Muschelarten können Schmuckperlen hervorbringen, und das Ernten der Muscheln war ein schwieriges, riskantes Unterfangen, das unzähligen Perltauchern das Leben kostete. Die Perlsammler mussten zum Grund des Meeres oder Flusses tauchen, die Muscheln dort ablösen und sie dann aufbrechen – und somit töten –, um nach Perlen zu suchen. Doch nur etwa eine von 2.000 Perlmuscheln trägt auch wirklich eine natürlich entstandene Perle. Im 19. Jahrhundert gab es deshalb Versuche, Perlmuscheln künstlich zur Produktion der begehrten Schmuckstücke zu bringen, doch erst in den 1920ern gelang in Japan die erste Ernte von Zuchtperlen. Das von einem Australier entwickelte Verfahren macht sich einen Schutzmechanismus der Muscheln zu Nutze, die in den Körper eingedrungene Fremdkörper mit einer glatten Schicht Perlmutt ummanteln. Seit dem 20. Jahrhundert werden rund um den Globus in Farmen die verschiedensten Zuchtperlen produziert. Bei Juwelieren in Europa, Asien und Amerika sieht man die besonders bekannten und begehrten „Tahitiperlen“ in den Schaufenstern – das sind große dunkle Perlen (bis zu 22 mm Durchmesser), die grün, blau, pink, lila oder silbern schillern. Der Name ist jedoch irreführend, denn rund um Tahiti und die Gesellschaftsinseln findet man nur wenige Perlfarmen. Die Hauptproduktionsstätten befinden sich auf den Gambier-Inseln und einigen Atollen der Tuamotus, doch auch auf den Cook- Inseln, in Australien, Indonesien und den Philippinen werden in geringerem Umfang schwarze Perlen gezüchtet. Beim Segeln in den Lagunen Französisch-Polynesiens stellen die vielen Bojen der Perlfarmen unangenehme Hindernisse dar. Oft ist unklar, welche Bojen miteinander verbunden sind und so empfiehlt es sich, Perlfarmen weitläufig zu umfahren – in den riffgespickten Gewässern ist das aber leichter gesagt als getan. Besonders aufgegebene oder verloren gegangene Perlbojen, die manchmal halb oder ganz überspült unter der Meeresoberfläche versteckt lauern, stellen ein Sicherheitsrisiko bei der Navigation dar. Beim Segeln machen sich solche U- Boot-Bojen durch ein dumpfes Rumpeln am Rumpf bemerkbar, viel schlimmer wäre es aber, beim Motoren ein Befestigungsseil in den Propeller zu bekommen. Robert Wan, der größte Perlproduzent Französisch-Polynesiens hat zwei Atolle in den Tuamotus aufgekauft, hier sind Yachten unerwünscht und auch im Gambier-Archipel ist die Hälfte der Insel Aukena im Privatbesitz des Perlenmogul. Zahlen über Perlproduktion und Statistiken über Angestellte werden geheim gehalten. Wegen der Geheimniskrämerei und möglicherweise aus Angst vor Diebstählen werden vor den Ufern der Privatinseln Yachten verscheucht, Ankern ist verboten. Nachdem der Yachttourismus kaum Geld in die Kassen der Tourismusindustrie bringt, Perlen aber mehr als die Hälfte des nationalen Einkommens ausmachen, haben Beschwerden über Navigationshindernisse und fragwürdige Ankerverbote aber wenig Aussicht, offene Ohren zu finden. Doch nicht alle Perlfarmen arbeiten so abgeschirmt und top secret. Auf den Gambier sind bei vielen kleinen Perlfarmen Besucher willkommen. Als Pitufa im März 2015 vor dem Motu Tarauru-Roa in der Ostecke des Außenriffs der Gambier vor Anker lag, lud uns Eric, der Besit- Schwarzlippige Perlmuschel Für die Produktion der Tahitiperlen wird in Polynesien die Schwarzlippige Perlmuschel (Pinctada margaritifera cumingi) kultiviert. Diese Hermaphroditen (sie beginnen ihr Leben als Männchen und werden später Weibchen) werden freilebend bis zu 25 Jahre alt und bis zu 25 cm groß. Sie leben in Kolonien fest verhaftet auf tropischen Korallenriffen in Tiefen zwischen 0 und 75 m, wo sie Kleinstlebewesen aus dem Wasser filtern. Einmal im Jahr entlassen die adulten Tiere Millionen von Eiern und Samenzellen. Die vorerst freischwimmenden Larven setzen sich nach 2 bis 3 Wochen an einem Substrat fest, bleiben die ersten Monate aber noch mobil, bevor sie sich fest niederlassen. September/Oktober 2016 | OCEAN7 05/2016 45
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