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OCEAN7 2016-05

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Eine Magazinausgabe voller interessanter Reportagen, Yachttests, Neuigkeiten und Produktvorstellungen: Ein Nostalgie-Törn im Süden Dalmatiens; mit einer eleganten Dufour 560 durch die Kornaten; eine Wiener Seglerfamilie, die nach einem schrecklichen Unglück in Kroatien um ihr Recht kämpft; und wohin geht die Entwicklung der Motorboote mit E-Antrieb.

OCEAN7Service 1 Kroatien ermutigte Winkler und sein Team. Schon 1997 begann das Projekt zu wachsen und entwickelte sich beständig weiter. Kinder aus immer mehr Ländern Europas konnten teilnehmen, innerhalb von nur 14 Jahren wurde aus einer kleinen Privatinitiative ein weltweit einzigartiges Großprojekt. Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche segeln dabei eine Woche lang durch die kroatische Inselwelt, werfen Hass und Vorurteile über Bord, trainieren friedliche Konfliktlösung und schließen Freundschaften quer über ethnische, soziale und religiöse Grenzen. Die positiven Effekte, die erzielt werden, sind u. a. Stärkung von Sozialkompetenz, Teamfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Christian Winklers anfangs belächelte Vision von den hundert Schiffen für die Friedensflotte wurde Wirklichkeit: Erstmals erreicht wurde diese Zahl im Jahr 2008. Bis heute findet die Projektwoche jedes Jahr im September mit über hundert Yachten statt. Gewürdigt wurde die Aktion unter anderem vom ehemaligen Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer. Triumph und Tragödie. 2008, Vodice. Wenige Wochen vor dem Start der Mirno More Friedensflotte 2008 geschah dann das Unfassbare. Christian Winkler war wie jedes Jahr in Vodice auf Sommerurlaub. Seine Familie war inzwischen ziemlich gewachsen: fünf Kinder freuten sich über die Badeferien und den dalmatinischen Sommer. Noch am Morgen des 6. August hatte Winkler den Besuch der Mirno More Friedensflotte in Biograd im Rahmen einer Pressekonferenz im dortigen Hotel Ilirija für September angekündigt – erstmals in der Rekordgröße von hundert Schiffen. Am späten Nachmittag brach dann seine Welt zusammen: Seine beiden ältesten Söhne Tobias und Nico kamen nicht vom Schwimmen zurück, sie waren von einem Motorboot überfahren worden. Über die nächsten Stunden soll hier nicht berichtet werden, aber für Christian Winkler waren es die schwersten seines Lebens. In der Nacht wurde der tote Tobias (16) geborgen, Nico (14) konnte in einer mehrstündigen Operation im Krankenhaus Šibenik gerettet werden, sein linkes Bein wurde allerdings am nächsten Tag amputiert. Christian Winkler zog sich zurück und übergab seine Leitungsfunktionen an seine Nachfolger. Slavko Grubelic, der mit seinem kleinen Boot nahe der Unfallstelle gewesen war, hatte trotz seines fortgeschrittenen Alters dem schwer verletzten Nico das Leben gerettet, indem er ihn aus dem Wasser zog. In der Folge bekam er dafür eine Auszeichnung. Verurteilung – und ein endloser Zivil - prozess. 2012, Šibenik/Zagreb. Anders als vielfach behauptet waren die beiden Burschen nicht in einem verbotenen Bereich geschwommen. Zwar betrug die Entfernung rund 160 Meter zur Küste und lag damit eindeutig außerhalb der 100-Meter-Linie, allerdings gilt diese Linie nicht, wenn dort „eine Untiefe die Seefahrt behindert“ (§ 78 Abs 3, Gesetzbuch Häfen und Gewässer der Republik Kroatien). Das Ufer westlich von Vodice ist extrem flach, an vielen Stellen kann man noch mehr als 150 Meter vom Ufer entfernt auf den Felsen stehen. Der Strafprozess am Gespanschaftsgericht in Šibenik drehte sich allerdings hauptsächlich um die Frage, wie schnell das Boot gefahren war. Gleitfahrt ist innerhalb einer 300-Meter- Zone von der Küste verboten. Der Hauptzeuge Slavko Grubelic (75), ein ortsansässiger Fischer, der zum Zeitpunkt des Unfalls mit seinem kleinen Boot vor Ort war, gab die Geschwindigkeit am Tag nach dem Unfall im Fernsehinterview mit 25–30 Knoten an. Die Gleitfahrt setzt beim betroffenen Bootstyp bei rund 20 Knoten ein. Im Juni 2012 wurde der Bootsführer in Šibenik schuldig gesprochen und verurteilt, seine Berufung im Jahr 2013 abge- 34 OCEAN7 05/2016 | September/Oktober 2016

Rechtsstreit 2 3 4 lehnt. Er hatte seinen Bootsführerschein nur vier Tage vor dem Unfall erworben. Schon seit 2010 läuft am Handelsgericht in Zagreb der Zivilprozess der Familie gegen die Haftpflichtversicherung des Bootes, die Allianz Kroatien, die eine 50-Prozent-Teilschuld reklamiert und 2013 nur einen Teil der Entschädigung ausbezahlt hat. Christian Winkler musste infolge des Unfalles seinen Geschäftsführerjob beim Verein Mirno More aufgeben. Auch seine Frau, die früher als Hospizkrankenschwester Sterbende begleitet hatte, konnte ihren Beruf nicht weiter ausüben. „Ich habe so vielen Menschen bei ihrem letzten Weg geholfen – aber von meinem Sohn konnte ich mich nicht einmal verabschieden …“. sagt die gebrochene Mutter. Neben den seelischen Schmerzen ist die Familie durch den Verlust der Arbeitsplätze seitdem in einer schwierigen finanziellen Lage. Zudem hat der amputierte Nico immer wieder Probleme am Beinstumpf und kann die Prothese oft nicht tragen. 2014 musste er sich neuerlich einer Operation unterziehen und seine Ausbildung unterbrechen. Rückkehr auf das Meer. 2015–2016, Kaštela. Sieben Jahre dauerte es, bis die Familie emotional wieder in der Lage war, gemeinsam in Kroatien auf Segeltörn zu gehen. Vor dem Unfall war das einmal jährlich der Fall gewesen. Die Rückkehr aufs Meer ermöglichte der Seniorchef der Firma BavAdria, Josko Berket, ein guter Freund aus Winklers Mirno More-Tagen. Die Firma verzichtete auf den größten Teil der Chartergebühr. Auch im Juli 2016 war die Familie mit Unterstützung durch BavAdria wieder mit einer Chartersegelyacht ab der Marina Kaštela bei Split unterwegs. Christian Winkler filmte dabei und zeigt im Winter in seinen Vorträgen in österreichischen Segelvereinen Gebiete, Buchten und Orte, die noch wenig von Yachten besucht werden („Kroatien – Einsam durch die Hochsaison“ – Filmvortrag für Clubabende). Das Einkommen aus diesen Vorträgen ist nicht hoch. „Ich habe mit den Mirno More-Video-Reportagen 1992 und 1993 die ersten österreichischen Bootsfahrer nach Kroatien zurückgebracht“, sagt Winkler, „um der Bevölkerung wieder zu Einnahmen aus dem nautischen Tourismus zu verhelfen. Dann habe ich mit Mirno More das größte sozialpädagogische Segelprojekt Euro- pas gegründet und aufgebaut – es hat besonders in den ersten Jahren mitgeholfen, den Ruf Kroatiens als sympathisches und friedliches Urlaubsland zu festigen. Und jetzt sehe ich, dass ich in all den Jahren zu wenig auf mich selbst geachtet habe und deshalb in finanziellen Schwierigkeiten stecke. Meine große Hoffnung ist es, dass der Prozess endlich zu einem Ende kommt und wir mit der ausständigen Entschädigung die restlichen Ausbildungen unserer Kinder finanzieren können.“ Der nunmehr älteste Sohn der Familie, der beinamputierte Nico (22), ist wütend, dass es noch immer keine adäquate Kompensation für sein Leid und das der ganzen Familie gibt. „Wir haben nichts Verbotenes getan,“ sagt er, „es soll endlich eine Entscheidung geben, damit wir einen Schlussstrich ziehen können und besser in der Lage sind, an unserer Zukunft zu bauen.“ Die Entschädigung, um die es im Prozess geht, wäre dafür eine wesentliche Voraussetzung. „Gut, dass es Freunde gibt“, sagt Christian Winkler zum Abschluss unseres Treffens, „die sich noch an meine Arbeit erinnern und schätzen, was ich für Kroatien getan habe. Nur durch die Unterstützung von BavAdria Yachting in Kaštela können wir jetzt wieder gemeinsam in Dalmatien segeln. Es wäre schön, wenn endlich auch der Prozess mit einem gerechten Vergleich oder Urteil zu Ende gehen würde.“ 1 Teilnehmerschiff der Friedensflotte 2 Jonathan Winkler (17) fühlt sich wohl auf dem Schiff 3 Berni Winkler (21) als Küchenchef 4 Juli 2016 in Dalmatien – endlich wieder Segeln: Nico (21) und Elisa (14) Winkler Kompromisslose Qualität. Elektro-Bootsmotoren für Segel- und Motorboote Wir sind auf der Interboot: Halle A1 - Stand 607 Kräutler Elektromaschinen GmbH A-6890 Lustenau Tel. +43 5577 82534 0 www.kraeutler.at

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