OCEAN7Service Warten auf Recht! Wie die Allianz Unfallopfer aus Wien hinhält Christian Winkler und seine Familie kämpfen nach einer Unfalltragödie seit Jahren um ihr Recht. Doch die Allianz Kroatien spielt ein böses Spiel auf Zeit: „Dabei wollen wir endlich nur Gerechtigkeit für meine Söhne Tobias und Nico“, sagt Christian Winkler. Text: Milan Korosic | Fotos: Archiv 32 OCEAN7 05/2016 | September/Oktober 2016 1
Rechtsstreit Was für eine schreckliche Tragödie hat sich da am 6. August 2008 vor dem Strand von Vodice zugetragen: Zwei Kinder einer österreichischen Familie wurden beim Schwimmen von einem Motorboot überfahren. Tobias (16) starb, Nico (14) verlor ein Bein. Seither kämpft die Familie um Entschädigung. Dabei wurde der Fahrer des Bootes bereits 2012 vom Gespanschaftsgericht Šibenik schuldig gesprochen. Trotzdem hat die Familie nur einen Teil der Entschädigung von der Allianz Kroatien, der Haftpflichtversicherung des Bootes, bekommen. Ein jahrelanger Rechtsstreit am Handelsgericht in Zagreb brachte bis heute kein Urteil – und das, obwohl der Familienvater, Christian Winkler, ein alter Freund Kroatiens ist: Er hat die legendäre Friedensflotte „Mirno More“ gegründet und u. a. dazu beigetragen, dass noch während des Krieges in den frühen 1990er-Jahren die ersten Bootstouristen an die kroatische Adria zurückgekehrt sind. In einer Video-Reportage über die erste Friedensflotte erzählte eine Kellnerin aus Cavtat dem Kamerateam nach drei Jahren Krieg: „Wie beim Anblick der ersten Schwalben nach einem langen, langen Winter – so habe ich mich gefühlt, als ich eure Boote im Hafen gesehen habe.“ Dabei weinte sie. Vor Freude … Ein Blick zurück. 1992–1994, Wien/Dalmatien. Die österreichischen Medien berichteten das dritte Jahr in Folge über den Krieg, weite Teile Kroatiens, so wurde vielfach behauptet, wären zerstört. Christian Winkler, damals 35, hatte noch zu jugoslawischen Zeiten bei AYC (Adria Yacht Center), einer der ersten Yacht-Charterfirmen, in Murter gearbeitet. Vor Beginn des Krieges hatte AYC bereits über hundert Boote ab Murter im Angebot – aber damit war es 1989 jäh zu Ende. Winkler verlor seinen Job, der Tourismus war tot. „Wie kann ich helfen, außer mit Spenden?“, war Christian Winklers Frage bei den Telefongesprächen mit seinen kroatischen Freunden in Murter, denn Geld hatte er selbst keines. „Wir brauchen Einnahmen, bring’ uns wieder Gäste“ – das war die Antwort und zugleich ein klarer Auftrag: Er lieh sich zwei Videokameras, borgte sich zwei Elan 31 vom AYC und ging mit Freunden zwei Wochen segeln. „Mirno More – von Zadar bis Dubrovnik“ war der Titel jener Video-Reportage, die dabei entstand, und die den österreichischen Seglern zeigen sollte, dass es weder unmoralisch noch gefährlich wäre, in den sicheren Gebieten Kroatiens zu segeln. Der Film wurde zum Selbstkostenpreis in Form von VHS- Kassetten verkauft und fand reißenden Absatz. Er wurde auch in zahlreichen Segelvereinen bei Clubabenden gezeigt und in der Fachpresse vorgestellt. Sogar das auflagenstarke deutsche Nautik-Magazin Boote brachte eine Doppelseite über die Folge-Reportage, die Anfang 1993 schon mit professionellem Equipment aufgenommen wurde. Die Kritiken lobten besonders die objektive Darstellung, denn Winkler vergaß nicht, vor den Problemzonen zu warnen: Die Küste von Pag bis Šibenik sowie der Raum Dubrovnik wären, so die Aussage des Filmes, zu meiden, weil sie fallweise noch unter Beschuss lagen. In zahlreichen Gesprächen mit kroatischen Interviewpartnern wurde allerdings von diesen immer wieder glaubhaft versichert, dass alle anderen Küstengewässer und Inseln völlig problemlos waren, und dass sich die kroatische Bevölkerung sehr freuen würde, wenn die nautischen Touristen zurückkommen würden. 1994 zeigte der nautische Tourismus dann tatsächlich erste Zeichen der Erholung. „Von zehn Yachten, die wir in den Kornaten getroffen haben“, so erzählt Winkler, „waren fünf gekommen, weil sie unseren Film gesehen hatten.“ Die Mirno More Friedensflotte. 1994–2008, Wien/Kroatien/Europa. Als dann auch die Stimmung in den österreichischen Boulevardmedien umschlug und immer mehr positive Berichte über die Sicherheit der meisten Tourismusgebiete erschienen, sah Christian Winkler seinen Auftrag als erledigt an. Er wollte allerdings nicht mehr in die Yachtcharterbranche zurück, denn er hatte inzwischen eine Familie 2 gegründet, und wollte nicht, dass seine Kinder das halbe Jahr ohne Vater aufwachsen. Die Konfrontation mit den damals zahlreichen bosnischen Flüchtlingsfamilien in Wien brachte ihn auf die Idee, ein Versöhnungsprojekt mit Kindern aus den verschiedenen Gebieten des ehemaligen Jugoslawien aufzubauen. Mirno More – die Friedensflottille veranstaltete er erstmals 1994 mit drei Booten und 17 kroatischen, bosnischen und serbischen Kindern, auch ein erster österreichischer Bub war an Bord. „Gemeinsam in einem Boot“ war das Motto, und die Kinder nutzten die Gelegenheit, Hass und Vorurteile über Bord zu werfen und Freundschaften quer über alle Grenzen zu schließen. Die zunehmende Akzeptanz des Projektes in 1 Tobias Winkler (†) 2 Nico Winkler September/Oktober 2016 | OCEAN7 05/2016 33
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