OCEAN7Revier Was passiert eigentlich, wenn das Boot kentert?“ Kinder reden nicht lange um den heißen Brei, sie fallen mit erstaunlicher Regelmäßigkeit gleich mit der Tür ins Haus. „Erstens ist es kein Boot, sondern eine Yacht. Wenn du „Kielboote“, meinst, dann solltest du noch vom Segelkurs wissen, dass diese aufgrund des tief liegenden Schwerpunkts nicht kenterbar sind. Sollte das wider Erwarten doch passieren, dann sind natürlich alle an Bord verpflichtet, den Skipper zu retten. Du könntest also dein Handy mal sinnvoll einsetzen“, kontere ich auf die Frage meiner Tochter Tugba (11), die in der dritten Sitzreihe unseres Vans genüsslich einen analogen Apfel verspeist, während sie mit der Linken einen digitalen malträtiert. „Der Herr Irzl (Segelschule Wien, Anm. d. Red.) hat aber gesagt, dass Jollen kentern können“, protestiert Anna (10), die Tochter unserer Bordfotografin Ulli. „Und im Titanic-Film sind auch zuerst die Frauen und Kinder von Bord gegangen, der Kapitän ist mit dem Schiff untergegangen“, ergänzt Zoi (9), Tochter meines langjährigen Segelpartners Harri und die dritte junge Dame im Bunde. Zufrieden lächelnd gebe ich mich geschlagen und lasse die vom Karst zerrissene Landschaft südwestlich der Plitvicer Seen an mir vorüberziehen. Nur noch 150 Kilometer bis zur Marina Zaton bei Šibenik. Dalmatinische Küste – unendliche Weiten. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah …? Wer mit Kids eine Reise tut, sollte sich dieses Sprichwort bei der Planung des Sommerurlaubs besonders zu Herzen nehmen (ja, weil auch ewige Fragen wie „Wann sind wir da?“ oder Sager wie „Ich muss mal!“ bei längerer Anreise fast so nervtötend sind wie Karies). Eröffnet sich doch dem Reisenden nur ein paar Auto- oder Flugstunden von Österreich entfernt nicht nur eines der sichersten und erschlossensten, sondern auch abwechslungsreichsten und schönsten Segelreviere Europas: die 1.788 Kilometer lange dalmatinische Küste Kroatiens. Ob Nord-, Süd- oder Mitteldalmatien sei dem eigenen Geschmack überlassen – wir haben uns mit Šibenik in der Mitte getroffen und für Master Yachting Deutschland als professionellen Partner entschieden. So waren die zwei wichtigsten Voraussetzungen für einen unbeschwerten Familientörn, nämlich „passendes Revier“ und „seriöse Charter-Agentur“, erfüllt. Die dritte und sehr individuelle Bedingung, nämlich eine Woche auf einem Katamaran und eine Woche auf einer Monohull zu versegeln, sorgte kurz für Verwirrung, wurde aber ebenfalls vorbildlich umgesetzt. Das Motiv? Wir wollen wissen, was (mit) Kids mehr Spaß macht: Das lässige Cruisen per Kat in den vorgelagerten Inseln auf der Suche nach den besten Badebuchten? Oder das sportliche Abenteuer per Mono mit Abstecher aufs offene Meer …? Start- und Zielpunkt ist die moderne, exklusiv von Dream Yacht Charter betriebene Marina von Zaton, vier Seemeilen nordwestlich von Šibenik entfernt. Wir parken direkt vorm Steg, als die Kinder auch schon die Silba, eine sanft in den Leinen tänzelnde neue Lagoon 400 S2 in Eignerversion, brüllend wie die Wikinger entern. Die Rolle der starken Männer überlassen sie aber brav uns, die wir gefühlte Tonnen an Gepäck und Ausrüstung aus dem Auto hieven. Was soll’s – es sind Sommerferien. 1 2 22 OCEAN7 04/2015 | Juli/August 2015
xxxxxxx Der Traum vom Raum. „Im Luxus schwelgen“ lautet das Motto für die erste Segelwoche – und dafür braucht es gebührend Platz. Doch was uns in und auf der neuen Lagoon eröffnet, ist ein wahrer Traum von Raum: Unendlich viel überdachter Platz achtern, um ganze Festmahle zu sich zu nehmen, und riesige Backskisten, in denen die Mädels leicht Versteck spielen könnten. Ein wohldimensioniertes Beiboot („Dinghi“ wäre eine unzulässige Verniedlichung) hängt an chromblitzenden Davits, die mit dem Getränke-Eiskasten vis-à-vis um die Wette glänzen. Zwei weitere Kühlschränke surren leise im Salon mit großzügiger Wohnlandschaft und einem Navitisch samt Instrumententafel, dessen Anblick mir eine Freudenträne entlockt. Schnell mit dem Finger abgewischt, folgt der genüssliche Rundumblick aus den Panoramafenstern. Ein unschlagbarer Vorteil eines Kats gegenüber einer Mono, da die Kids auch während der Fahrt und bei jedem Wetter relativ sicher im Salon auf dem Oberdeck sitzen, spielen und dennoch die Segelmanöver und den 4 5 3 Horizont im Auge behalten können, ohne dass man ihnen eine Pütz umhängen müsste. Dass sie dabei stets auch in Sichtweite der erwachsenen Crew sind, ist sicherheitshalber auch kein Fehler. Doch genug der grauen Theorie, praktisch treffen wir bei strahlendem Sonnenschein die Vorbereitungen zum Ablegen, während unsere Girls schon mal die beiden großen Netze vorschiffs auf Trampolin-Tauglichkeit testen. Sturm und Drang. Unter Motor schippern wir den Krka- Fluß entlang, lassen Šibenik und die Festung des heiligen Nikola links liegen und werfen an der Ostküste der Insel Prvic bei Sepurine erstmals den Anker ins Wasser – und die nach Abkühlung lechzenden Kinder gleich hinterher. Nach der kurzen Erfrischung frischt auch der Wind auf, sodass wir unter Segel die Inseln Tijat und Kaprije an Backbord passieren, um gerade noch vor Sonnenuntergang an einer Boje in der stillen Bucht von Potkucina vor der Insel Kakan anlegen. Doch die Stille trügt, denn über Nacht wirbelt ein Sturm mit acht Beaufort über das Bojenfeld und drängt die achtern schlafenden Kids in die Kabinen unter Deck, wo man, typisch Katamaran, jede Welle zweimal abbekommt. Sich die Augen reibend tritt am nächsten Morgen Bordfotografin Ulli aus dem Salon und blickt verwundert auf das regennasse Achterdeck. Der Sturm 1 Drei Damen im Netz: Wer sagt, dass Sonnenschein nicht kitzelig ist? 2 Luxusdomizil: Die Lagoon 400 S in Eignerversion ist ein Traum von Raum. 3 Easy Living auf dem Kat: viel Platz, Komfort und immer gute Aussichten. 4 Point of Interest: Kids wollen wissen, ob das Netz hält, nicht der Anker. 5 Captains Dinner: Zoi (9) ist ein Gourmet, wie ihr Logbuch-Eintrag verrät. Juli/August 2015 | OCEAN7 04/2015 23
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