OCEAN7Service Haie: Gefürchtet, gejagt, gefährdet Millionen Menschen plantschen, schwimmen, schnorcheln, tauchen, surfen, und kiten entlang der Meeresküsten. All das erfolgt in einem Medium, das für uns terrestrische Zweibeiner nicht das angestammte ist: Wasser. Es ist jedoch der Lebensraum für eine Fülle von Meerestieren, in deren Reich wir eindringen. Text und Fotos: Dr. Reinhard Kikinger
Haie 2 Die meisten Kontakte mit den Bewohnern aus Poseidons Reich sind für uns durchaus erfreulich: bunte Fische, prächtige Seesterne, schöne Muscheln und mit Glück vielleicht sogar neugierige Meeresschildkröten und verspielte Delfine. Zu den unangenehmen Andenken aus dem Urlaub am Meer zählen neben Sonnenbrand und den Spuren schroffer Felsküsten manchmal auch Seeigelstachel in der Fußsohle und Nesselungen von Quallen. Diese Tiere sind daher nicht sehr geschätzt. Einer hält jedoch unangefochten die Spitze in der Skala der unbeliebtesten und gefürchtetsten Meeresbewohner: der Hai. Warum gefürchtet? Die Antwort ist anscheinend einfach: „Der Hai“ ist eines der wenigen Tiere, die einen Menschen auffressen können. Erstes Missverständnis: es gibt nicht „den Hai“. Heute sind mehr als 500 Hai-Arten bekannt. Manche sind zwergenhaft klein, einige ernähren sich von Muscheln und Schnecken, viele konsumieren Fische, Krebse und verschiedene Wirbellose, andere sind harmlose Planktonfresser, und dann gibt es natürlich den Weißen Hai (Carcharodon carcharias). Den kennt dank Hollywood jeder. Natürlich ist ein Raubfisch dieser Größe auch für Menschen potentiell gefährlich. Das gilt auch für manche seiner Verwandten wie Tigerhai (Galeocerdo cuvier), Bullenhai (Carcharhinus leucas) und einige weitere Hai-Arten. Begegnungen mit diesen Haien sind selten und damit kommen wir zum zweiten Missverständnis: undifferenzierte Angst vor allen Haien, egal welche Art es ist. Respekt ist immer gut, Angst ist die falsche Reaktion. Der Gruseleffekt, mit dem der Begriff Hai verbunden ist, hat viele Ursachen: eingeschränktes Sichtfeld durch die Taucherbrille; Wasser, das in dunkle bodenlose Tiefen abfällt; in uns hochsteigende Bilder aus Filmen, wo mit dumpfer Musik untermalt ein großer Schatten aus der Tiefe zu uns hochkommt; Erinnerung an den letzten Zeitungsbericht von einer Hai- Attacke… In vielen Medien wurden und werden Haie als instinktgesteuerte, blutgierige Fressmaschinen dargestellt. Der Tauchpionier Hans Hass war der Erste, der dieses Bild korrigiert hat. Aber nach wie vor haben Haie im Gegensatz zu Delfinen, Tigern und vielen anderen spektakulären Tierarten keine Lobby. Preisfrage: Wer frisst mehr Fische, ein Hai oder ein gleichgroßer Delfin? Antwort: der Delfin. Als Säugetier braucht er zur Aufrechterhaltung seiner Körpertemperatur mehr Energie als der Haifisch. Trotzdem wird der Hai als böser Räuber, der scheinbar ewig lächelnde Delfin als guter Freund und Spielkamerad gesehen. Wie kommt es zu Hai-Angriffen? Details zu den Umständen und Folgen verbürgter Hai-Angriffe finden sich unter www.sharkattackfile.net. Laut dieser Statistik wurden im Jahr 2013 weltweit 13 Menschen durch Haie getötet. In den Jahren 2012 und 2011 gab es 9 beziehungsweise 12 tödliche Hai-Attacken. Diese Zahlen bedeuten: Es gibt letale Haiangriffe auf Menschen und jeder einzelne Fall ist eine Tragödie. Die Zahlen bedeuten aber auch, dass bei millionenfachem Wassersportvergnügen die Chance durch einen Hai zu Tode zu kommen verschwindend gering ist. Die An- und Abreise in den Urlaub, Bootsunfälle, sogar herabfallende Kokosnüsse fordern jedes Jahr weit mehr Todesopfer als Hai-Angriffe. Dazu kommt, dass die letztjährigen Zahlen der Hai-Attacken über dem 1 Haie – gefürchtet, gejagt, gefährdet. Annäherung an einen Mythos. Grauer Riffhai (Carcharhinus amblyrhynchos) 2 Begleitgeschwader. Regenbogen-Makrelen (Elegatis bipinnulata) begleiten einen Grauen Riffhai (Carcharhinus amblyrhynchos). Die raue Haut des Hais wird von Begleitfischen gerne verwendet, um sich daran zu scheuern. September/Oktober 2014 | OCEAN7 05/2014 33
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