Ocean7
Aufrufe
vor 7 Jahren

OCEAN7 2014-05

  • Text
  • Ocean
  • Schiff
  • Yacht
  • Cruiser
  • Daysailer
  • Oceanis
  • Istrien
  • Folkeboot
  • Hafenkneipen
  • Motorboot
  • Haie
  • Friedensflotte
  • Gambier
  • Annapolis
  • Maryland
  • Atlantik
  • Bay
  • Segelfrau
  • Philippinen
  • Punat
Das ist Segeln mit allen Sinnen: Im slowenischen Izola vermieten Doris und Olaf von www.meerflair.at das historische und perfekt restaurierte hölzerne Folkeboot.

OCEAN7Revier Dingi auf den Strand und werden freundlich begrüßt. Didier ist vor elf Jahren mit seinem Stahlboot hierher gesegelt und gleich auf seiner ersten Südseeinsel hängengeblieben. Die Bürgermeisterin von Mangareva hat ihm ihr verfallenes Zweithaus auf Taravai zur Verfügung gestellt, er hat es renoviert und ausgebaut und einen großen Garten angelegt. Sein altes, rostiges Stahlboot hat er irgendwann vor der Insel versenkt, doch jetzt hat er ein neues Boot und will bald aufbrechen, um den Rest des Pazifik zu erkunden. Didier wartet noch mit der Abfahrt, bis sein langjähriger Gefährte, ein achtzehnjähriger Labrador seine eigene Reise in den Hundehimmel antritt. Ein Stück weiter nördlich wohnt eine Familie, die als „Dorfmeister” angestellt ist. Hervé und Valerie halten die Kirche instand und kümmern sich um die Gärten. Sie freuen sich über Besucher, wir werden gleich auf eine Tasse Tee eingeladen und nachdem beide gut englisch sprechen (eine Seltenheit hier), ist die Unterhaltung informativ und viel einfa- Nach einer kurzen Unsicherheitsphase ist klar, dass sie nicht aggressiv sind, sondern sich freuen, wenn Besuch kommt. Sie wollen hinter den Ohren gekratzt und am dicken Bauch gestreichelt werden. Zwischen schwarzen Perlen und Rosenkranz. Als nächstes besuchen wir Aukena, die drittgrößte Insel der Gambier. Die Lagune zwischen Mangareva und Aukena ist mit Perlfarmbojen gespickt, ein Durchkommen für Yachten ist hier unmöglich, Ankern im Norden verboten. Man muss sich zwischen den äußersten Bojen und dem Riff, das zwischen Aukena und der Hauptinsel fast bis an die Oberfläche reicht, durchschlängeln. Wiederum kommen wir ziemlich ins Schwitzen, wünschen uns einen klar markierten Kanal, doch Yachten bringen dem Tourismus nur wenig Geld, die Perlfarmlobby regiert und somit sind die Segler hier klar zweite Sieger. Unter den Bojen wachsen auf Seilen und Netzen 1 Drei Schweine wohnen unter dem Haus und begrüßen alle Besucher cher als das holprige Französisch mit viel Gestik und Mimik, mit dem wir uns sonst plagen. Früher gab es auf Taravai ein richtiges Dorf, aber in den letzten 25 Jahren sind die Bewohner nach und nach auf die Haupt insel Mangareva abgewandert. Nur am Wochenende kommen sie manchmal auf Besuch. Valerie unterrichtet ihre zwei Buben mit dem Material einer französischen Fernschule selbst und ist außerdem Künstlerin: Sie nutzt den vielfarbigen Sand der Insel, um Sandbilder mit traditionellen Motiven herzustellen. Sie sind glücklich in ihrem kleinen Paradies, nach Rikitea fahren sie nur zum Einkaufen – es ist ihnen zu laut und hektisch in der „großen” Stadt … Im Süden der Insel haben Edouard und Denise ein Stück Land gerodet, ein schmuckes Haus gebaut und leben hier mit ihrer Enkelin. „Enakoto! Peeakoto?” (Guten Tag! Wie geht’s?) rufe ich, als wir mit dem Dingi anlegen und bin stolz, dass ich meine bei Valerie erfragten Mangarevan-Vokabel gleich anbringe. Denise schüttelt nur den Kopf und antwortet auf Französisch – sie kommt von den Tuamotus und spricht Tahitienne – eine ebenfalls polynesische, aber völlig unterschiedliche Sprache. Wir schreiben uns in ihr Gästebuch ein, kaufen einen aus Muscheln gefertigten Anhänger und fahren mit Basilikum, Minze und Rosmarin beladen zu Pitufa zurück. Auf der kleinen vorgelagerten Insel Agakauitai steht das Häuschen von Hervés Tante. Sie kommt allerdings auch nur am Wochenende, die permanenten Bewohner wohnen unter dem Haus: drei Schweinchen, die auf Besucher lautstark grunzend und quietschend zurennen. Austern. Die jungen Austern werden mit einem kleinen Fremdkörper versehen und produzieren dann innerhalb von einem Jahr eine in verschiedenen Farbtönen von rosa bis grünlich schimmernde, schwarze Perle. Die meisten Perlen werden exportiert, doch es gibt auch eine eigene Kunsthandwerksschule in Rikitea, in der Perlen und Perlmutt graviert und zu kreativen Schmuckstücken verarbeitet werden. Auch um die Nachbarinsel Akamaru werden Perlen gezüchtet. Hier wohnen nur wenige Menschen, in der Kirche findet nur einmal im Jahr eine Messe statt – zum Feiertag der Ankunft der ersten Missio - nare im Jahr 1834 auf den Gambier. Der Legende nach hatte kurz vor der Ankunft der Missionare eine Priesterin das Kommen eines neuen Gottes prophezeit, Vater Laval und seine Ordensbrüder machten sich diese Legende zunutze, inkludierten geschickt Elemente des alten Glaubens in die Liturgie und brachten bald die ganze Bevölkerung zur Annahme des katholischen Glaubens. Im Anschluss installierten die Missionare einen rigorosen Gottesstaat, zerstörten die traditionellen Kultstätten, ver- Foto: Shutterstock (1) 28 OCEAN7 05/2014 | September/Oktober 2014

Îles Gambier boten die polynesische Kultur und zwangen die Einheimischen zur Errichtung der pompösen Kathedrale und zehn weiterer Kirchen – eine angesichts der schwindenden Bevölkerung unglaubliche Zahl. Trotz dieser negativen Erfahrungen sind die meisten Leute auf den Gambier auch heute noch religiös, die Sonntagsmesse in der Kathedrale von Rikitea ist gut besucht und wegen der zahlreichen gesungenen Elemente eine Besucherattraktion. 2 3 Die andere Seite der Gambier: flache Sandinseln am donnernden Außenriff. Die zwei anderen östlichen Inselgruppen Französisch-Polynesiens sind sehr unterschiedlich: die Marquesas bestehen aus hohen, spektakulären Inseln ohne Außenriffe. Sie sind daher der Gewalt des Ozeans ausgesetzt und das Wasser ist dunkel und oft trüb. Die Inselgruppe der Tuamotus hingegen besteht nur aus flachen, palmenbewachsenen Ringatollen mit einer geschützten Lagune in der Mitte. Auf den Gambier findet man beides innerhalb weniger Seemeilen. Nach den Berginseln zieht es uns nun zu den „Motus” (kleine Inselchen) am Außenriff. Totegegie im Nordosten des Archipels ist ein guter Beginn, denn diese Insel kann man entlang eines offiziellen Kanals relativ einfach ansteuern. Der Norden der schmalen Insel ist gerodet, hier liegt das Flugfeld der Gambier. Ein- bis zweimal pro Woche landet eine kleine Maschine, bringt Passagiere und Waren aus Tahiti, manchmal sind auch ein paar Touristen dabei, die in einer der zwei kleinen Pensionen auf Mangareva absteigen, oder Yachten besuchen. Die restliche Woche liegt das Flugfeld verlassen da. Das Außenriff ragt hier im Norden bis an die Oberfläche und bildet in Verlängerung von Totegegie eine Kette von Motus. Wir ankern in einem tiefen Becken umgeben von Riffen und fahren zum Schnorcheln an einen Durchbruch im Außenriff, wo das Dingi über kitschig leuchtenden Pastelltönen zu schweben scheint. Das winzige, unbewohnte Motu Tauna im Osten des Außenriffs ist von weitem kaum mehr als eine steile Sandbank mit einigen Kokospalmen. An der Lagunenseite plätschert das Meer sanft, doch auf der Außenseite donnert der Pazifik. Die Brecher nagen unerbittlich am Korallenstock und bieten auch an ruhigen Tagen eine beeindruckende Geräuschkulisse. Bei einem Landgang entpuppt sich das Motu als unerwartet dicht bevölkert: In jedem Baum sitzen brütende Seevögel und flauschige Küken. Die Eltern fliegen zur Abschreckung waghalsige Manöver über unseren Köpfen, die Flauschkugeln bestaunen uns mit großen Augen. Sie sind hier vor den von Europäern eingeschleppten Ratten sicher, die auf den anderen Inseln solche Brutkolonien unmöglich machen. Am Strand leuchtet blendend weißer Korallensand, überall liegen zarte, abgebrochene Korallenäste und bunte Muschel- und Schneckenhäuser. Steht man einen Moment still, bewegt sich plötzlich der ganze Boden: tausende Einsiedlerkrebse in allen Größen bevölkern die bunten Häuser. Wir nehmen einen der munteren Krebse mit an Bord, doch unsere Schiffskatze Leeloo interessiert sich kaum für den neuen Spielgefährten und so darf er am nächsten Morgen schon wieder zurück an den Strand. Eine weitere magische Erfahrung ist ein Besuch des südwestlichen Außenriffs. Hier ragen keine Motus an die Oberfläche, nur pastellblaugrüne Sandstreifen und die sich überschlagenden Brecher des Ozeans zeigen die Position des Riffs. Wir motoren an einem völlig windstillen, brennend heißen Tag über die spiegelglatte Meeresoberfläche südwärts. Christian steht als Ausguck am Bug und fragt ständig nervös nach den Tiefen, denn im kristallklaren Wasser scheinen die zarten Äste der Korallenstöcke nach Pitufas Kiel zu greifen, doch das Echolot zeigt stetige Tiefen zwischen zehn und zwölf Meter, was der Karte entspricht. Näher am Riff zeigt die Karte leider nur noch ein drohendes Grau – der Teil wurde nicht kartographiert, doch genau dort wollen wir hin, um einen Sandfleck für unseren Anker zu finden. Wir tasten uns im Schneckentempo zwischen Korallenstöcken durch und finden schließlich einen Ankerplatz. Pitufa schwebt über dem türkisfarbenen Swimmingpool, gleich hinter dem Heck ein Blick wie ins Aquarium mit bunten Korallen und noch bunteren Fischen. Scheinbar verirren sich nur wenige Taucher oder Schnorchler hierher, denn die Weißspitzenriffhaie beäugen uns Zweibeiner mit unseren blauen Watschelfüssen, der Schnorchelmaske und dem lustigen Atemrüssel neugierig, fast schon aufdringlich. Immer wenn wir meinen, alles gesehen zu haben, was die Gambier bieten können, überraschen sie uns von Neuem. Zwischen Bootsprojekten, Besuchen an altbekannten Lieblingsplätzen und dem Erkunden bisher unbekannter Ecken wird uns auch in den nächsten Monaten hier sicher nicht langweilig. Mehr Info und Bilder finden sich auf unserer Homepage www.de.pitufa.at 1 Motu am Außenriff mit Palmen neben Kiefern 2 Schweinerei am Strand 3 Die Dorfmeisterfamilie von Taravai September/Oktober 2014 | OCEAN7 05/2014 29

Erfolgreich kopiert!

Ocean7 Magazin

Blog

© 2017 by Ocean 7, Satz- und Druck-Team GmbH - Impressum und Privacy