OCEAN7Revier Die verrostete Fähre aus Neapel drehte nach knapp einstündiger Fahrt in den Hafen von Procida, der kleineren und ärmeren Schwester der eleganten Damen Ischia und Capri. Der Hafenort empfing uns mit seinem morbiden, südländischen Charme. Was für eine Kulisse. Was für ein Bühnenbild! Bei einem Glas Rotwein sahen wir vom Cockpit unserer blitzblank-sauberen Sunsail- Yacht im Licht der untergehenden Sonne auf die pastellbunten Fassaden der Wohnhäuser und auf die Menschen, die in unaufgeregter Gelassenheit ihren Geschäften nachgingen. Hier betreiben Sunsail und The Moorings eine Charterbasis mit mehr als 30 für dieses Revier bestens ausgestatteten Segelyachten. Wir wollten mit einer Sunsail 39 von Beneteau, der Ondina Blu, eine Woche lang zwischen Inseln und Festland segeln. Nach Ischia mit seinen heißen Thermalquellen. Nach Ventotene, wohin römische Kaiser ihre weiblichen Familienangehörigen in die Verbannung schickten. Nach Aeaea, wie die mit Eichen bewaldete Insel Ponza damals hieß, als Odysseus von Circe, der Zauberin der griechischen Mythologie, in ihren Bann gezogen wurde und sie seine Gefährten in Schweine verwandelte. Und nach Gaeta auf dem Festland, von Vergil in der Aeneis erwähnt. Doch so weit war es noch nicht. Da unser drittes Crewmitglied erst am darauffolgenden Tag aus Wien ankommen würde, folgten wir einem Tipp des freundlichen und kompetenten Sunsail-Personals und machten uns auf den Weg nach Corricella, dem kleinen Fischerhafen auf der anderen Seite der Insel Procida. Der Weg dorthin beginnt mit dem Anstieg durch die engen Gassen des Hafenortes bis zu dem terrassenförmigen Platz neben der großen Kirche. Hier hat man den ersten befreienden Blick auf das Meer in Richtung Capri. In dem kleinen Café an der Ecke lohnt sich eine kurze Verschnaufpause bei einem erstklassigen Espresso. Natürlich gibt es hier auch Limoncello, den Zitronenlikör dieser Region, die schon Goethe „Das Land, wo die Zitronen blühen“ nannte. Jetzt geht es erfrischt und beschwingt weiter, erst die enge Gasse, dann die steilen Stufen bergab. Noch drei Schritte um die Ecke. Rechts von uns liegt das im gleichnamigen Hollywood-Film von 1994 verewigte Café „Il Postino“, vor uns der kleine Fischerhafen Corricella voller bunter Boote und dahinter das weite, tiefblaue Meer. In 1 2 16 OCEAN7 01/2014 | Jänner/Februar 2014
Golf von Neapel Wo Armut für Reisende zur Schönheit wird unserem Rücken die Häuser mit ihren pastellfarbenen Fassaden. „Pittoresk“ ist das Wort, das uns in den Sinn kommt. „Malerisch“. „Morbid“ auch. Eine Idylle. 3 Gute Reisende sind herzlos. Eine Idylle? Von den Fassaden der maroden Häuser bröckelt der Putz. Kinder in zerlumpten Hosen spielen mit einem improvisierten Fußball auf der Hafenpromenade. Junge, überschminkte Frauen sitzen auf wackeligen Plastikstühlen und schreiben pausenlos Nachrichten auf ihren Smartphones. Alte, ärmliche Fischer flicken ihre Netze; einer repariert sein Holzboot, das, den Slip hochgezogen, da liegt wie ein Leichnam. Hoch über all dem thront das wahre Herz der Insel, der Ort der allerersten Ansiedlung auf Procida – die Terra Murata. Die „gemauerte Erde“. Grau in grau. Ein großes, seit 1988 aufgelassenes Gefängnis und seither dem ständigen Verfall preisgegeben. Dazwischen, daneben, dahinter hängt Wäsche zum Trocknen vor den Fenstern der verkommenen Wohnungen, in denen immer noch Menschen leben. 1 Gewitterstimmung im Hafen von Ponza 2 Das „Postino“-Hollywoodflair auf der Insel Procida 3 Enge Gassen führen in den Fischerhafen Corricella 4 Terra Murata – Leben im Verfall 5 Balkonszene auf Procida 6 Geschäft mit der Armseligkeit 4 5 6 Jänner/Februar 2014 | OCEAN7 01/2014 17
Angebot Autobusfahrt zur Bootsmesse
News Jänner/Februar 2014 hat für
News Jänner/Februar 2014 Motoryach
News Jänner/Februar 2014 Gegensät
LIMITED EDITON, 333 Stück weltweit
Laden...
Laden...
Follow Us
Facebook
Twitter