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OCEAN7 2013-06

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Spannende Begegnung weit ab der Zivilisation. Wolfgang Hausner beschreibt unter dem Titel "Mörder, Säufer, Weltumsegler" die Szene der Aussteiger und Lebenskünstler auf den Philippinen. Außerdem: Inseln, Buchten & Visionen: Eine OCEAN7-Reportage aus dem Revier zwischen türkischer Küste und griechischen Inseln.

OCEAN7People Von Kugeln durchsiebt, mit Machete gekillt Unwillen eines Einheimischen, der dort seit Jahren seine Bananen und anderen Stauden anpflanzte. Als Lothar das nächste Mal als Grundbesitzer sein Areal besichtigen wollte, zückte der Filipino seine Machete und teilte Lothar mit, dass er da nichts verloren hätte und sollte er noch einmal kommen, er ihn Scheiben schneiden würde. Der eher sanftmütige Lothar suchte das Weite und verkaufte sein Grundstück einige Zeit danach. Der neue Besitzer konnte sich jedoch auch nicht lange seines Besitzes erfreuen, was aber nichts mit dem aufsässigen Squatter zu tun hatte. An einem Sonntagmorgen wurde er in seinem Haus mit einer M-16 durchsiebt, während der Rest der Familie in der Kirche frömmelte. Diese Herumschießerei war ein Stilbruch, der absolut nicht ins normale Bild passt. In Negros werden bei Auseinandersetzungen, die aus dem Rahmen laufen, praktisch immer diese langen Klingen zum Einsatz gebracht. Das hat sicherlich mit dem vielen Zuckerrohr zu tun, die Machete ist eben das Universalwerkzeug zum Ernten dafür und immer griffbereit. Laut Michael wurden in den acht Jahren seines ersten Schiffbaues zweiundzwanzig Menschen rund um Tambobo damit umgebracht. Eines der Opfer musste dran glauben, weil er in der Karaokebar falsch gesungen hatte. So wurde es auf jeden Fall erzählt. Meist gibt es einen triftigen Grund wie Streitereien um Grundstücksgrenzen, Erbschaften oder wenn die Frau mit dem Nachbarn fremdgeht. Ausgeklammert davon sind Morde im angetrunkenen Zustand, so wie beim letzten Fall nicht lange her. Mädchen auf dem Weg zur Schule entdeckten den an einer Palme festgenagelten Menschenkopf. Es stellt sich heraus, dass zwei Freunde am Vorabend miteinander getrunken hatten, dann wegen einer Nichtigkeit zu streiten anfingen, handgreiflich wurden und aufeinander losgingen. In der westlichen Welt würde sofort alles seinen vorgeschriebenen Verlauf nehmen, nicht so aber hier. Wenn niemand Anzeige erstattet, passiert nichts und die beiden Familien handeln das unter sich aus – sie sind ja schließlich befreundet. Auf dem Weg zu Michaels Bootschuppen und Stelzenhaus kommt man an Birthday Girl vorbei, einem baufälligen Kat, der wie aufgebahrt fest im sandigen Ufer steckt. Der Besitzer war D.J., ein älterer Alkoholiker und ehemaliger Schlepperkapitän. Er hatte sich vor vielen Jahren das Schiff in Manila bauen lassen, segelte los und kam irgendwann nach Tambobo, wo er prompt Wurzeln schlug. Jahre später wollte er auf große Fahrt gehen, zog die Segel hoch und der Mast kam postwendend runter. Also gut, das Segeln war abgehakt, aber bald begann das Boot zu lecken und damit konnte D.J. nicht umgehen. Was war einfacher, als den Kat permanent am Strand einzubetten? Dann konnte er nicht untergehen, das lästige Ankern würde wegfallen und das marode Beiboot war sowieso am Auseinanderfallen. Er wurde sich mit seinem Landsmann Mark einig. Dieser würde Birthday Girl am Ufer auf ebenen Kiel eingraben und ihm obendrein ein großes Sonnendach bauen, hochgehalten von einem soliden Gestell aus Eisenrohren, ähnlich wie auf Marks eigenem Boot. Dafür würde er alle Winschen und anderes Zubehör 1 2 bekommen, das D.J. jetzt nicht mehr, Mark aber dringendst benötigte. Ich glaube noch immer, dass dieser Kuhhandel Marks Idee war. Gesagt getan: Als nächstes hängte sich D.J. ans Stromnetz an und damit konnte das Leben im gewohnten Delirium weitergehen. Wieder einmal kam ich nach Tambobo. Dem aufmerksamen Leser kann kaum entgehen, dass sich diese Geschichte über mehrere Jahre dahinzieht. Mark, immer knapp bei 28 OCEAN7 06/2013 | November/Dezember 2013

Typen auf den Philippinen 3 1 Die Dschunke Long Hai mit Taboo III dahinter 2 Birthday Girl eingebettet im Sand 3 D.J. bei seiner Lieblingsbeschäftigung Kasse, hielt sich finanziell gerade über Wasser, fand aber hier in Tambobo die Gans, die ihm goldene Eier legte und zwar in Form der Dschunke Long Hai. Diese war ursprünglich in Hongkong von dem Amerikaner Hunter gebaut worden, genau nach Orginalrezept, spezielles Holz, die Segel mit Blut getränkt, ausgesuchte runde Steine aus dem Fluss für den Ballast und des vielen mehr. Später landete er auf den Philippinen, heirate eine Filipana, mit der er bald ein Kind hatte. Seine Frau wurde immer verrückter, bis sie eines Tagen handgreiflich wurde. Mit der Machete natürlich – was sonst – und ihm eine Scharte schlug. Das war zu viel für Hunter, nicht nur bangte er um sein Leben, auch machte er sich Sorgen um seine Tochter. Kurzerhand flog er mitsamt dem achtjährigen Kind nach den USA und arbeitete bald auf einer Orangenfarm. Was sich gut traf, denn als eingefleischter Fruitarian ernährte er sich ausschließlich von Früchten. Am Tag seiner Abreise von Tambobo verschenkte Hunter die heruntergekommene Dschunke an Graham, einen weiteren englischen Musiker, der in Hongkong gutbezahlten Gitarrenuntericht gibt. Graham beauftrage Mark, das Boot wieder seetüchtig zu machen und die Arbeiten zu beaufsichtigen. Damit hatte Mark ein stetes Einkommen für die nächsten zwei Jahre und konnte sein eigenes Schiff fertigstellen. Vladimir ist ein netter, gebildeter Russe, der einmal bei der Sowjet- Marine beschäftigt war und dann nicht mehr gebraucht wurde. Er spachtelte sich eine Betonyacht zusammen, segelte los, kam im Lauf seiner Reise nach den Philippinen und blieb da so wie manch anderer hängen. Mit seinem Ferrozement-Boot wollte er nichts Wolfgang Hausner Geboren 1940 in Wien, verließ Wolfgang Hausner im Alter von 21 Jahren Österreich. In Australien arbeitete er unter anderem als Krokodiljäger, Langustenfänger und im Goldbergwerk, um sein erstes Boot zu finanzieren. Ohne vorherige Segelerfahrung und alleine suchte er die Freiheit auf den Weltmeeren und fand ein abenteuerliches Leben, von dem er bis zum heutigen Tage nicht mehr loskam. Mit dem knapp zehn Meter langen Katamaran Taboo segelte er 50.000 Seemeilen um die Welt. Auf seinem 18-Meter-Kat Taboo III bietet er exklusive Mitsegelgelegenheiten an. www.wolfgang-hausner.com

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