Ocean7
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OCEAN7 2013-05

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Die zehnjährige Elena lernte Segeln: Ihr Bericht von einer Woche mit Segellehrern im Opti. Über Buchtenbummeln und Streckensegeln an der türkischen Südküste berichtet ein OCEAN7-Team.

OCEAN7People 1 Ort des Todes nannten die Kariben die Schwefelquellen Faust, grobe, weiche Stacheln, weißes weiches Fruchtfleisch, fein säuerlich, zugleich süß im Geschmack. „Soursop“ nennt Marianne sie. Natürlich erwerbe ich eine. Ich löffle sie roh aus der Schale heraus. Vom Rest bereite ich Milchshake. Meine erste Reise nach Soufrière zu den Schwefelquellen war nicht befriedigend gelaufen. Ich bin etwas herumgeirrt. Auch hatte ich ein wenig Sorge um meine Sicherheit. Segler, die in der Bucht vor Soufrière ankern, berichten gelegentlich Unangenehmes von den Menschen dort, die vorgeben, auf das Dinghi aufpassen zu wollen und vorwiegend die hohle Hand herhalten. Ich lade die Marianne nun ein, mich dorthin zu begleiten, weil sie doch einheimisch und ortskundig sei. Sie weicht aus, was ich verstehen kann. Ob wir nicht am Sonntag in die Kirchen gehen könnten, ist ihr Alternativangebot. Da weiche ich nun aus. Man wird mich verstehen. Schließlich einigen wir uns darauf, gemeinsam dem Kricketspiel des Jahres, Westindien gegen England, im nahen Stadion beizuwohnen. Kricket – ein langer Tag! Wenn du auf dem Fernsehschirm einen Mann siehst, der – bekleidet mit einem Pyjama – plötzlich wie wild zu laufen beginnt, dann mit einer zuletzt kreisenden Bewegung eines Armes einen Ball wirft, wie ein anderer Mann mit einem durch ein Visier vergittertem Gesicht und einem Prügel in den Händen versucht, diesen Ball zu parieren, dann plötzlich wild zu laufen beginnt, ein von der gegenüberliegenden Seite kommender, ebenso adjustierter Mann auch wie wild läuft, wenn die dann vielleicht gleich wieder umkehren und wieder zurücklaufen. Wenn du einen siehst, der auf der grünen Wiese inzwischen dem Ball nachspringt und wie der sich freut, wenn er ihn erwischt hat und alle Spieler, die den gleichen Pyjama tragen wie er, ihn plötzlich umjubeln – dann kann das nur Kricket sein. Ich, der ich noch nie einem ernsthaften Fußballmatch ernsthaft beigewohnt hat, ich soll mir ein Kricket anschauen? Marianne schafft es. Um 8.00 Uhr morgens stehe ich zur vereinbarten Zeit an der vereinbarten Ecke und warte auf Marianne. Das Spiel beginne um 9.00 Uhr, hatte ich sie verstanden. Es nieselt. Um halb neun rufe ich sie an: „I’m coming!“ Als Marianne auftaucht, ist es halb zehn. Sie klagt über den vielen Verkehr. Ich vermute eher, dass sie vor dem Spiegel mehr Zeit verbracht hat als zuvor kalkuliert. Denn sie hat ihr kleingekräuseltes Haar in bunte Bänder eingelegt, wirklich sehr schön. Wir steigen ins Sammeltaxi. Wir finden einen Hügel gleich neben dem Stadion, mit guter Aussicht auf den Spielplatz. Wir sind in guter Gesellschaft. Micki hat hier einen kleinen Stand eingerichtet. Er bietet einheimisches Essen: Fisch, Süßkartoffel, Dasheen, Kochbanane, Planta. Um 11.00 Uhr bestelle ich eine Portion. Ein Mann hat Pampelmusen anzubieten. Es gibt rundherum nur freundliche, fröhliche Menschen. Sie habe es genossen, dass die Leute meinen, sie habe jetzt einen weißen Freund, gesteht Marianne am Abend. 32 OCEAN7 05-2013 | September/Oktober 2013

2 Ich bringe Marianne artig zur Bushaltestelle. Ob sie Geld von mir haben könne, fragt sie mich. Ich staune kurz. „Für den Friseur“, klärt sie mich auf. Ich gebe ihr einen 20-Dollar-Schein. Das sei aber zu wenig, meint sie, denn sie möchte sich die Haare glatt machen lassen. Ich setze einige Scheine nach – mit Wohlwollen berechnend, dass ich keinen Eintritt bezahlt habe für unsere billigen Plätze am Hügel. Ich habe Vertrauen gewonnen bei Marianne. Eines Morgens sitze ich im Bus nach Soufrière. Jetzt habe ich meine einheimische Führerin an meiner Seite. Marianne spricht Patois – jene Sprache, die sich die farbige Bevölkerung hier angeeignet hat – hauptsächlich französisch, ein wenig englisch und Reste aus Afrika. Auf dem Weg trifft sie immer wieder Bekannte und Bekannte von gemeinsamen Bekannten. Auf einer Insel mit 175.000 Einwohnern kennt fast jeder jeden. 3 4 5 Qualibou – Ort des Todes. So haben die Kariben – die Urbevölkerung unmittelbar vor der europäischen Eroberung – die Schwefelquellen nahe der Stadt Soufrière genannt. Von deren Vorgängern, den Arawak-Indianern, wird berichtet, dass sie Menschen, wenn sie queruliert haben, hier geopfert haben. So wundert es mich nicht, dass kaum jemand in das Betonbecken eintauchen will. Etwa 200 Meter unterhalb der Quellen sammelt es das schwarze Wasser mit nun angenehmen 38 °C. Es wird schöne Haut versprochen. Dennoch misstrauen dem fremd-schwarzen Wasser selbst Menschen mit schwarzer Haut. Ich lasse mich zu einer Vorübung auf den Blick in dunkle Tiefen meiner Seele ein und sinke ins schwarze Wasser. Vor etwa 180 Jahren hat man hier einige hundert Tonnen Schwefel abgebaut. Damit ist längst wieder Schluss. Uns zeigt sich das Felsgelände als eine blankgeschürfte Wunde, darinnen die blubbernde schwarze Masse. Meine schönste Bleibe seit Beginn der Reise. Es dämmert schon, als mich das Sammeltaxi mit all meinem Gepäck am Balenbouche Estate absetzt. Das Anwesen liegt an der Straße von Vieux Fort im Süden der Insel nach Soufriere im Westen, einige Kilometer hinter Laborie. Es hat die Zusatzbezeichnung „Heritage“ – Kulturerbe. Balenbouche war einst eine Zuckerrohr-Plantage. Im großen Park sind vier Gästehäuser verstreut hinter üppigem Buschwerk und unter mächtigen Bäumen. Hier dürfen die Bäume wach- 1 Qualibou 2 Kulturerbe: Riesiges Wasserrad mit Getriebe, Rest der einstigen Rohrzuckermühle 3 Balenbouche – die Familie mit Gästen 4 Eine Treppe mit Stufen aus Grashalmen 5 Riesige Schlingpflanzen nützen die Stämme von Bäumen als Aufstiegshilfe und freie Abschnitte der Baumkronen füllen sie mit eigenem Blattwerk 6 Baban, altgedienter, treuer Mitarbeiter auf Balenbouche September/Oktober 2013 | OCEAN7 05-2013 33 6

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