OCEAN7People Der 72-jährige Volkmar Baurecker ist nicht nur ein wahrer Abenteurer, der per Anhalter um die Welt gesegelt ist, er ist auch ein bewegender Schreiber, der in OCEAN7 exklusiv von seinen Erlebnissen berichtet. Hier seine Reportage aus der Karibik. Kaffee Liebe mit Text und Fotos: Volkmar Baurecker In der Karibik/St. Lucia. Ein paar Schritte von meinem Hotel für die ersten Tage auf der Karibikinsel St. Lucia steht eine schlichte Hütte. Darin werken zwei schwarze Frauen. Sie kochen von früh bis spät bodenständig-einfache Sachen. Die Kunden sind vorbeikommende LKW-Fahrer und Handwerker mit Arbeitsplatz in der Nähe. Ich bestelle ein Sandwich und Kaffee. Die Stephanie macht das. Sie gibt Pulver und Zucker in die Tasse, gießt heißes Wasser dazu und verrührt es ganz hingegeben. Dann reicht sie mir die Tasse mit einem Lächeln, das deutlich mehr als nur gastfreundlich ist. Ich lächle ihr meinen Dank zurück und sie erwidert. Ich mag es, wenn etwas so läuft. Sollte ich diesen Menschen auch nie wieder zu Gesicht bekommen – es war eine schöne Begegnung. „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, das Wort des Philosophen Martin Buber fällt mir ein. Die Menschen hier sind Schwarze. Ihre Vorfahren wurden in Afrika von ihren Stammesbrüdern eingesammelt, von Europäern gekauft und hierher gebracht. Keinem Stamm mehr zugehörig, die Sprache der anderen nicht verstehend, keine Tradition, keine gemeinsamen Rituale, geschunden, getreten. Erst versklavt und geknechtet, später emanzipiert, missioniert, Schulbildung bekommen nach englisch-französischem Standard, eine eigene Umgangssprache entwickelt, einen eigenen Staat gebildet, in dem sie im Alltag sich selbstverwalten. Sie würde viel Geld hergeben, um weiße Haut und glatte Haare zu haben, gesteht mir eine junge Kellnerin. Dennoch – sie können lächeln, wenn sie Kaffee zubereiten. Drei Nächte verbrachte ich in diesem Hotel nahe der Rodney Bay im Nordwesten von St. Lucia. Nach St. Lucia war ich mit Lars und Luise auf deren SY Spica gekommen. Sie und ihre zwei Kinder sind seit ein paar Monaten auf Weltumsegelung (www.sy-spica.de). Oma und Opa fliegen immer wieder einmal hinterher. Die wohnen dann im Hotel. Lars und Luise haben mich in der „Mango Bay Bar“ von Le Marin im Süden auf Martinique aufgelesen, als ich am Laptop sitzend im Internet gerade alle Segelforen nach Mitsegelgelegenheiten absuchte. Der Atlantik im Rückblick. Für die Fahrt über den Atlantik haben wir exakt drei Wochen gebraucht. Es gab immer wieder Regenschauer mit Böen mit 45 Knoten. Weil die Welle immer von hinten kam und der Wind auch, war das Schiff nicht leicht auf Kurs zu halten. Die Windsteueranlage hat schlechten Eindruck auf mich gemacht. Ich halte sie für zu klein für das schwere Stahlschiff. Drei Stunden musste ich in der letzten Nacht von Hand steuern, immer wieder reffen und Reff ausschütten. Kein Mond, fleckenweise Sterne, viel schwarze Luft. 1 2 30 OCEAN7 05-2013 | September/Oktober 2013
Volkmar Baurecker 3 „Land in Sicht!“ meldet Arnd am frühen Vormittag des 24. Februars 2009. Um 11.00 Uhr liegen wir in der Marina du Marin an der Südspitze von Martinique am Steg. Ein paar Tage helfe ich noch am Boot, ehe mich Lars und Luise auf der SY Spica nach St. Lucia mitnehmen. Meine ersten Wochen auf St. Lucia. Wir ankern nach 25 sm in der Rodney Bay auf St. Lucia. In der Marina werde ich auf Uli und Sandra Meixner hingewiesen. Die beiden Österreicher betreiben hier seit Jahren die DSL (dsl-yachting.com), ein Yachtcharter-Unternehmen. Ich schildere meinen Landsleuten die Situation. Drei Stunden später beziehe ich ein wunderschönes Appartment im Grünen. Bonne Terre heißt dieses Nobelviertel im Norden von St. Lucia. Ade Hotel neben der Hütte mit der lächelnden Stephanie! Ich werde ab nun auf einer von Palmen beschatteten Terrasse selbstgebrauten Kaffee schlürfen. Ich schätze sehr die strategisch günstige Nähe zur Marina. Denn dort treibe ich mich nun fast täglich herum. Bald bin ich bekannt bei allen Seglern, die da seit Jahren die Karibik rauf und runter segeln, jede Bucht und jede Bar schon kennen, sich fadisieren und auch mal davon reden, am liebsten ihre Yacht verkaufen zu wollen. Ich erfahre manch Nützliches über Land und Leute, aber nichts wirklich Wichtiges für mich: Wer nimmt mich mit? Trinidad und Panama sind meine bevorzugten Destinationen. Unterwegs. An der Bushaltestelle vor dem Supermarkt hat Marianne einen kleinen, halbmobilen Stand. Dort verkauft sie jeden Tag Gemüse und Obst. Sie gefällt mir, denn sie ist heiter, nicht aufdringlich im Verkauf, angenehm im Gespräch, sprechende Augen, gepflegtes Äußeres, eine schöne Frau. Ich interessiere mich für eine seltsame Frucht: grün, doppelt so groß wie eine große 4 5 6 1 Die SY Narwal nach der Ankunft in der Marina von Le Marin 2 + 4 Die Rodney Bay Marina 3 Blick von Pigeon Island in die Rodney Bay 5 Marianne mit bunten Bändern im kleingekräuselten Haar 6 Artenvielfalt 7 Soursoup und Brotfrucht – eine Köstlichkeit! 7 September/Oktober 2013 | OCEAN7 05-2013 31
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