OCEAN7 2013-04

OCEAN7Revier 2 Leben wie eineGöttin in Frankreich Ein kulinarisches Hausboot-Tagebuch von Weltumseglerin Alexandra Schoeler-Haring 16 OCEAN7 04-2013 | Juli/August 2013

Frankreich 3 4 5 Donnerstag – Anreise. Der Organisator dieser Reise, Herr Böckl, seines Zeichens auch Chef der Agentur Hausboot Böckl, hat es erfolgreich geschafft, uns – eine ausgesprochen zusammengewürfelte Gruppe – von Wien, über Zürich und Lyon in das kleinen Örtchen Louhans im Süburgund auf unsere Hausboote zu verfrachten. Unser Hausboot: Name – kein exakter; Typ – Magnifique von le Boat, 14 Meter, mit eingebautem Apartment, großem Innencockpit, bequemen Außencockpit plus Außensteuerstand. Vier Kojen für acht Leute. Ich residiere im Doppelzimmer mit eigener Dusche und Toilette. Die Göttin beginnt sich heimisch zu fühlen. Am Nachmittag: Probefahrt auf der Seille – unserem ersten Fluss. Die Weltumseglerin – das hat sich verdammt schnell herumgesprochen – meldet sich „freiwillig“ zur Probefahrt. Der witzige Colin vom le Boat-Stützpunk in Louhans erklärt alles Nötige und schon tuckere ich aus der Parklücke. Einmal im Stand drehen, Bugstrahlruder hilft mit, bisschen noch Schlangenfahrt und schon wieder eingeparkt. Nichts zerstört, nichts versenkt, passt. Die Reise kann losgehen! Herr Böckl hat geplant, dass wir eine Nacht in der Wildnis unweit des Château Molaise verbringen. Aber gern. Die Wildnis ist ein Schwimmsteg im Grünen, ganz in der Nähe des sensationellen Restaurants Moulin de Bourg Château. Poulet de Bresse – wenn Sie wissen, was ich meine. Non? Vous ne savez pas? Also wir sind hier in der Region Bresse gelandet, berühmt wegen seiner blaufüßigen weißen Hühner. Diese sehen hübsch aus auf den weichen Wiesen entlang der Seille und sie schmecken herrlich à la Creme et Champions. Hab ich schon das Risotto aux légumes, escargots persillés erwähnt oder die Moelleux tiède au chocolat? Herr Böckl hat gut vorgesorgt, der Pastis steht bereit, als wir spät abends zum Hausboot heimkehren. Das Mondlicht schimmert am Wasser und die Nachtschwalben singen uns Schlaflieder! Mon dieu! Enchanté! Santé! Die Göttin freut sich auf ihre ausgesprochen kuschelige Koje! Und – unser Boot hat jetzt einen Namen: Escargot, die Schnecke, denn mehr als 12 km/h sind ohne Führerschein nicht drin. Freitag. Ich müsste wirklich lügen, wenn ich schreiben würde, ich hätte gewusst, wie man die Schleusen hier betätigt. Kanäle habe ich als Seefrau schon einige hinter mir – Panama, Suez – aber selbst Hand anlegen und ein Schleusentor in Bewegung setzen? Es klappt irgendwie, auch bei der nächsten, der ganz langen (120 m), die wir per Knopfdruck in Gang setzen. Die Landschaft zieht an uns vorbei. Weiden streichen über das Wasser. Alte Bäume liegen malerisch am Ufer, da und dort ein schönes Refugium, ein Reiher, wieder Hühner und … Achtung Schleuse! Wir erreichen über den donaubreiten Fluss Saône das mittelalter - liche Städchen Tournus. Un café, s‘il vous plaît! Gleich neben der großen Kathedrale eine Patisserie. Wer will, sieht sich die Krypta an (sehr unheimlich, Voldemort aus Harry Potter könnte hier wohnen) oder das Souvenir-Geschäft mit wahrscheinlich 2.000 Porzellan-Bresshühnern. Mein Güte, hier könnte man wirklich viel einkaufen. Mit Müh’ und Not schafft es Herr Böckl, seine Hausboothühner und -hähne wieder auf ihre Schiffe zu kriegen! 1 Abfahrt vom Le Boat-Stützpunkt Louhans 2 Innenhof der Kathedrale in Tournus 3 Weingut „Louis Knie“ 4 Altstadt Tournus 5 Landidyll an der Seille Juli/August 2013 | OCEAN7 04-2013 17