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OCEAN7 2012-01

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Wunderland Türkei - eine ganz besondere Küste und außergewöhnlich gastfreundliche Menschen machen einen Segeltörn in diesem Revier zu einem unvergesslichen Erlebnis.

42 1 Türe herein. Bekir

42 1 Türe herein. Bekir ist der Chef, er serviert zunächst Kaffee, dann Kekse. Wir stellen uns spontan als segelnde Reisejournalisten vor und beklagen den Umstand, die Recherche über Istanbul aus Kostengründen nicht wie gewünscht durchführen zu können. Das trifft zwar alles nicht zu, aber Bekir mitten ins Herz. Weil er seine Heimat vergöttert und Istanbul nicht zu Randnotiz im Time Magazine verkommen lassen will, wie er uns erklärt. Also brüllt er herrisch ins Telefon, kommandiert seinen Mitarbeiter herum und druckt ein halbes Dutzend Formulare aus. Dann kommt Achmed ins Spiel, er soll uns fahren und wird vom Chef instruiert. Die Spritkosten von vierzig Euro kann uns Bekir leider ebenso wenig ersparen wie die sechzig für die beiden Visa, der Rest sei geklärt. Wir versprechen Istanbul Hollywood zu empfehlen und klettern deutlich besser gelaunt auf Achmeds Rückbank. Es folgen beängstigende Harakiri- fahrten in der Stosszeit und stundenlange Wartereien in Amtsgebäuden, die völlig unlogisch quer über die Stadt verstreut und von außen als solche nicht zu erkennen sind. Ohne Hilfe wären wir unter Garantie gescheitert, somit hat das Prozedere satte sechs Stunden in Anspruch genommen und uns gelehrt, dass man mit einem krummen Kreuz und devotem Dauergrinsen auch bei türkischen Beamten die meisten Meter macht. Wir lassen den Abend schräg gegenüber der Marina im Cafe Wien ausklingen, gießen uns ordentlich einen auf die Lampe und beschließen mit fortgeschrittener Promillelaune den Istanbulaufenthalt um 24 Stunden zu verlängern. Zum einen wegen der dringend notwendigen Körper- und Bootspflege, zum anderen, um unsere Grundnahrungsmittel aufzustocken, aber vor allem um Bekirs Bemühungen Rechnung zu tragen. Der Himmel auf Erden. Wir sind im Rhythmus, wissen wohin und was dafür zu tun ist. Bei Sonnenaufgang lichten wir Anker, trinken Kaffee und lassen uns treiben, segeln inbrünstig, fischen halbherzig, jausen Schafskäse, Paprika, Paradeiser, Zwiebel, dazwischen Nüsse oder Kekse und sind vom Ölzeug in die Badeshort umgestiegen. Erstmals seit dem Abschied aus 1

People 43 2 3 4 … der Urlaub biegt auf die Überholspur der Marina Wien brennt uns die Sonne massiv Farbe auf den Pelz. Das Wetter ist hochsommerlich, der Wind von Achtern gemütlich, die Welle ein Ponyhof. Das Marmarameer ist vereinsamt und friedlich, was wir am Rande wahrnehmen kommt wunderschön und herrlich kitschig. Die Sonnenuntergänge tauchen belebte Uferpromenaden oder menschenleere Strände in ein sattes Rot, die Tage beginnen orange und gestochen scharf. Ungewollte Schweißausbrüche und Herzklopfen verursachen lediglich ein Telefonat im Postamt von Ereglesi und das Kreuzen der belebten Schifffahrtsroute vor der Insel Marmara. Von der Seite kommende Tanker sind punkto Geschwindigkeit und genauem Kurs schwer auszurechnen. Zumindest für unser freies Auge, denn jedes Mal wenn wir denken, dass es sich locker ausgeht, drehen wir Momente später mit zittrigen Knien bei. Verschärft wird die Passage durch die Tatsache, von beiden Seiten in die Zange genommen zu werden. Mit Hilfe von Honda und dem Hasen-Gang passieren wir den fünf Seemeilen breiten Korridor im Zick-Zack Kurs und kommen wenig später in den Genuss, den größten Kontinent der Welt unter den Hufen zu haben. Wir blieben 72 Stunden in Asien, die meiste Zeit davon verbringen wir in Canakkale, das am Eingang der Dardanellen liegt und wo die Ausreiseformalitäten zu erledigen sind. Im Gegensatz zum Bosporus ist das bis zu sechs Kilometer breite Tor zur Ägäis stressfreier zu befahren und verglichen mit Istanbul ist Canakkale mit seinen 106.000 Einwohnern ein herziges Dorf. Wir quetschen uns in einer rammelvollen Ma- rina an die Mole und baden nach einer guten Woche Zweisamkeit in einer fröhlich ausgelassenen Menschenmenge. In der Stadt ist der Teufel los, wir lassen uns von der Partystimmung anstecken und entern ein Wirtshaus. Vom Barkeeper erfahren wir, dass heute ein ganz besonderer Feiertag ist. Die nationale Souveränität und das Kind als solches werden bejubelt, der behördliche Parteienverkehr findet erst morgen wieder statt. Wir bestellen den Kaffee ab, steigen auf Efes um und prosten jedem vorbeilaufenden Kind freundlich zu. Als wir nach einem köstlichen Abendmahl mit Messer und Gabel in die Marina zurückkehren, beginnt fünfzig Meter vor unserem Schlafzimmer ein Open Air Konzert zu rocken. Beseelt von Hopfen und Malz bekommen wir weder den türkischen Kiddy Contest, noch die nächtlichen Aufräumarbeiten mit, am nächsten Morgen schlummert Canakkale wieder im Dornröschenschlaf und wir gehen leicht verkatert aber überaus motiviert Stempeln. Vor dem zweiten Kaffee haben wir bereits die Hafenmeisterei und die Zollbehörde klar gemacht, der Gesundheitscheck fällt ohne Begründung aus. Bei der Polizei, deren Station intelli- 1 im element. Lass kesseln, Handl. 2 muschel paradise. Eine Mooring zum Anbeißen. 3 vorschiffkino. Die Gute Laune Fraktion. 4 gelebtes chaos. Auf der Kommandobrücke. Von Wien nach Griechenland OCEAN7 Redakteur Dominic Marsano und Andreas Handl, ein freiberuflicher Kameramann aus Wien, brachten ihre betagte Shark24 von Wien nach Griechenland. Von klein auf zwischen der Luvtonne und dem Leegate beheimatet, haben die beiden ihre bescheidene Einzimmerwohnung diesmal ohne Regattafieber und in bewusster Zeitlupe über internationale Gewässer bewegt. Auf die Donau und nach der Schwarzmeerpassage (OCEAN7 6/11), rundete der Trip von Istanbul nach Volos das Programm ab. Und weil sich nichts ändern soll und weiterhin Geld gespart wird um Zeit zu verdienen, wird das gehaltvolle Bummeln seine Fortsetzung finden. Bleiben das Wann und das Wohin, beides Fragen auf die sich Antworten finden werden.

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