48 1 verband auf Backbord, wir gehen gegenüber auf Slip, dann schnappt die Falle zu und wir schweben, in die verpflichteten Rettungswesten eingepackt und einem kleinen Bier in der Hand, 16 Meter in die Tiefe. Drei unserer Fender erweisen sich beim Sinken als unwürdig, womit einer bleibt, der sich ob der Größe und des Volumens genügend Platz zwischen uns und der Schleusenwand verschafft. Also helfen wir mit. Es dauert ewig, bis der Tiefpunkt erreicht ist und wir quasi auf dem Boden der Mausefalle angekommen sind. Überall strahlt Wasser aus den Wänden, es ist finster geworden, alles in allem befinden sich nicht gerade viele Schenkeklopfer um uns. Die Pforten öffnen sich, die Ampel geht auf grün. Wir propellern unseren dottergelben Wohnwagen in die zweite, 310 Meter lange Kammer und sinken weitere 16 Meter. Diesmal trinken wir zwei Bier, das beklemmende Gefühl will trotzdem nicht weichen. Nach gefühlten drei Jahren ist das Prozedere geschafft, wir feiern mit dem dritten Bier und läuten einen gemütlichen Abend ein. Mangelndes Stehvermögen. Wir überqueren Stromkilometer 963 und somit die imaginäre Halbzeitlinie. Also schenken wir den Göttern und uns einen ordentlichen Schluck Fernet ein und nehmen gleichzeitig die Grenzstadt Kladovo aufs Korn. Routiniert rasseln wir durch die Formalitäten, einzig der Zollbeamten lässt die halbe Nacht auf sich warten. Wir treffen einen Werftarbeiter, der uns freundlicherweise mit selbstgebranntem Sliwowitz abfüllt und – nach dem morgigen Wetter befragt – eine gute Stunde mit todesernster Mine den Kosovokrieg erörtert. Als der Zöllner eintrifft, sehe ich zwei Beamte. Ich gebe mir die größte Mühe intelligent aus dem Ölzeug zu blicken und werde von dem Uniformierten in eine Unterhaltung verwickelt ohne zu wissen, worum es überhaupt geht. Irgendetwas passt mit unseren Papieren nicht, also zücke ich den vollgestempelten internationalen Impfpass, der bereits in Ungarn ordentlich Eindruck gemacht hat und kratze neuerlich die Kurve. Wir werden wieder in den Strom entlassen und dümpeln ordentlich abgefüllt und weit nach Mitternacht an unseren Steg zurück. Die Crew OCEAN7-Redakteur Dominic Marsano und Andreas Handl, ein freiberuflicher Kameramann aus Wien, bringen eine gelbe Shark24 von Wien nach Volos. An sich zwischen Luvtonne und Leegate beheimatet, bewegen die beiden erstmals ihre bescheidene Einzimmerwohnung gemütlich über die Gewässer. Keine IWB, keine Stressmanöver, kein Angleichen und schon gar nicht in den Gurten hängen. Auf die Donau folgt das Schwarze Meer, dann geht es auf dem Bosporus an Istanbul vorbei und ins Marmarameer hinein. Eine Gegend, die wenig befahren wird und umso schöner ist. Die Dardanellen sollen das Trio in die Ägäis spülen, wo Volos und das Ziel der Reise wartet.
People 49 2 3 4 Am nächsten Morgen kehren wir Serbien endgültig den Rücken. Wir finden auf der gegenüberliegenden Flussseite zwischen Werftanlagen und Baukränen das Hafenamt von Turnu Severin und werden für die Verwaltungsgebühr von einem Euro in Rumänien herzlich willkommen geheißen. Wir verabschieden uns in Richtung Djerdap 2, wo wir neuerlich geschleust werden und tauchen etwas beduselt in die stoischen Weiten der Walachei ein. Auwälder und Sumpfgebiete säumen die Ufer, das Gefälle nimmt ab und lässt die Donau fetter und träger werden. Es ist nahezu windstill, wir nutzen die Wärme für einen Waschgang und achten darauf, der nunmehr bulgarischen rechten Flussseite nicht allzu nahe zu kommen. Die Donau trennt Rumänien anfangs von Serbien, später von Bulgarien und ehe sie ins Schwarze Meer mündet, tauchen auf der linken Uferseite Moldawien und die Ukraine auf. Da wir uns für Rumänien entschieden haben, ist die jeweils andere Seite tabu, es sei denn, wir checken im Hier aus und im Dort wieder ein. Wir haben ausreichend von allem, keine Lust auf Stempel gehen und werfen im Lee einer Insel, die den Strom teilt und uns vor dem Schiffsverkehr schützt, Anker. Zur Feier des Tages mengen wir der letzten Packung Hofer-Sauerkraut einen halben Kilo Baja-Bohnen, zwei Zwiebel, Speckwürfel, Knoblauch und ordentlich Pfeffer bei. Wie jedes unserer Abendmahle gewinnt auch dieses keinen Schönheitsbewerb, dafür schmeckt es, macht satt und kurbelt die Verdauung gleich mehrfach an. Wir genießen seit langem wieder einen Abend, der sich im zweistelligen Temperaturbereich abspielt und winken einem Eselskarren, der sich am Festland seinen Weg durch den dichten Wald bahnt. Zehn Minuten später betreten zwei Gendarmen die Bühne. Sie machen uns unmissverständlich klar, dass es hier zu gefährlich sei und fordern uns auf, die Polizeistation stromaufwärts anzulaufen. Genauere Details bleiben auf der Strecke, doch der Arm des Gesetzes lässt nicht locker, also starten wir leicht säuerlich den Boliden. Als wir zehn Minuten erfolglos versuchen loszukommen, wandert die Stimmung endgültig in Richtung Keller. Es ist offensichtlich, dass sich der Anker samt Kette am Grund verfangen hat und da das Herumdampfen nicht fruchtet und wir kein gesteigertes Interesse an einem nächtlichen Tauchgang haben, kappen wir zähneknirschend die Leine. Wir lassen die Insel Backbord und hanteln uns im trüben Licht unserer Stirnlampen am Festland entlang stromaufwärts. Der Korridor ist durch entwurzelte Bäume und Treibgut verdammt eingeschränkt. 1 wohnen am fluss. Die Menschen leben vom Fischfang und ihrer Bescheidenheit. 2 Bürokraten. Der optische Leckerbissen unter sämtlichen Hafenämtern kommt bei Stromkilometer 151 und thront in Galati. 3 andere welt. Oft definieren Baufälligkeit und windschiefe Eleganz das Bild, aber selten auf einem Fleck. 4 Zimmer mit aussicht. Mocca brodelt in der Maschine, Dominic steuert die Shark von der Hängematte aus. Heute ist morgen und gestern war wunderschön
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