Ocean7
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OCEAN7 2011-05

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Über eine abenteuerliche Reise mit seiner kleinen Shark 24 von Wien bis in die Ägäis berichtet Dominic Marsano. Und Schriftsteller und Segler Dr. Alfred Zellinger schreibt unter dem Titel "Approaching Venice", wie er auf eigenem Kiel zur Biennale di Venezia gesegelt ist.

18 Pula. Einfahrt in die

18 Pula. Einfahrt in die Bucht von Pula. Die lange, zum Teil versunkene Mole vor der Einfahrt aus der kuk Zeit, könnte manchen Schiffer, der das Hafenhandbuch nicht gelesen hat, zu einer folgenschweren Abkürzung verleiten, das Boot käme ja drüber, aber ohne Kiel. Anlegen an der ACI Stadtmarina; angenehme, kleine Marina, direkt im Zentrum, aber von der lauten Straße weit genug getrennt, die Zollstation zum Ausklarieren gleich daneben; das Boot ist dazu allerdings extra an den Zollkai zu legen; das Hafenamt ist schräg vis-a-vis. Den ersten Kaffee des Tages in der Bar Ulysses, hier heißt sie ULIKS, unter dem altrömischen Triumphbogen, wo James Joyce sich einst mit Englischunterricht für die Berlitz School über Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch und über sich Wolken und Sterne. Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch mit Herrenblick in die Ferne. Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt Natur gewordene Planken sind Segelschiffe. Ihr Anblick erhellt und weitet unsre Gedanken. Joachim Ringelnatz 1 2 3 Wasser hielt, ehe er nach Triest ging. In meinem Triestbuch (Das eine Leben im andern, Klagenfurt 1989, Ritter Verlag) hatte ich über Joyce in Pula und Triest geschrieben. Maja M., die schöne Kellnerin heute im Uliks, mit dem Zürcher Vater und dem Gesicht von Nora, der Frau von Joyce, hat den Dichter tatsächlich gelesen. Pula war einst als Pola österreichischer Zentralkriegshafen, aus dieser Zeit stammt noch die lange Mauer um Teile des Hafens. Besuche wieder die alte kuk Marinekirche; diesmal, im Gegensatz zu meinem ersten Besuch in den 80ern der Jugoslawienzeit offensichtlich genutzt. Der österreichische Marinefriedhof im Südosten des Hafens, jetzt restauriert, mit malerischen Grabsteinen, die bekannte österreichische Namen tragen; das ehemalige Marinecasino, 1913 erbaut, damals ein idealer Ort: Restaurant, Cafe, Bar, Schreibstube, Spielsaal und Ballsaal in einem, in dem österreichische Marineure sich die Friedenszeit vertrieben. Wär mein Stammlokal gewesen. 1891 wurde in Pola von Offizieren der Kriegsmarine unter dem „Allerhöchsten Protectorate Sr. kaiserl. und königl. Apostolischen Majestät des Kaisers und Königs Franz Joseph I“ das kuk Yacht- Geschwader gegründet. Unsere Union Yachtclubs sind daraus hervorgegangen. Mitglieder durften die österreichische Kriegs- flagge führen, weil sie sich verpflichteten, im Kriegsfall mit ihren Yachten Nachrichtendienste zu leisten. 1991 wurde das kuk Yachtgeschwader übrigens neu gegründet. Für meinen Triestroman verwendete ich die Vita des Linienschiffsleutnants Egon Lerch, Kommandant eines der ersten österreichischen U-Boote, des U12, in Rijeka gebaut. Er war einer der frühen österreichischen Sportsegler bei Regatten zwischen Pola und Brioni und wurde zum Kriegshelden durch die Torpedierung eines französischen Dreadnoughts in der Straße von Otranto. Er fiel vor Venedig, lief beim Versuch, in den Kriegshafen einzudringen mit seinem Boot auf eine italienische Mine. Der Turm des später gehobenen U-12 ist heute ausgestellt im heeresgeschichtlichen Museum Wien. Grado. In der Einfahrt von Grado bewahrt Töchterchen mich gerade noch vor meinem ersten Aufsitzer im Schlick. Die Tiefgangwarnung piepst ununterbrochen. Wassertiefe an der Einfahrt zur Marina SanVito: 2,30 m. Tiefgang der KATAWA 2,40 m. Wtf! Meine Methode: Alarm ausschalten und durch. Empfehle das ausdrücklich nicht zur Nachahmung. Machen fest zwischen Poller und Kai. Die „Murings“ nimmt man hier von einer Tonne auf. Bei Grado endete, was man einst die österreichische Riviera

Revier 19 Fotos: A. Kossina (1), a.z. (4) Grado, eine einzige Untiefe nannte und was bei Rijeka seinen Ausgang nahm. Auch Grado war ein kuk Seebad, mit Eisenbahnanbindung an Wien. Später in der Altstadt: Der Hafen mittendrin, zweifingrig, hat mich als Kind fasziniert. Der Jugendtraum aber, hier mit dem eigenen Boot anzulegen, inmitten der Stadt das Leben an sich vorüberziehen zu lassen, ist nicht mehr erstrebenswert: Jetzt, im Juni, wären zwar Plätze für Besucheryachten frei, die Wassertiefe gerade ausreichend, aber das Wasser schmutzig; Kanalgerüche, rundherum lauter Autoverkehr, keine attraktiven Cafes am Kai. Vor dem Auslaufen aus Grado seh ich besorgt auf den Tidenkalender: Niedrigwasser! Die genaue Tiefe der Einfahrt kann mir keiner sagen. Die Philosophie des Marineurs ist tröstlich: „No problem, there are no rocks, there is no sand, only mud; if you feel the ground, give power to the machine!“ Triest. In der Ferne Triest im Dunst der Küste. Schrieb hier mein Triestbuch, im Cafe Degli Specchi auf der Piazza Unita d’Italia, einem der europäischen Plätze die viel zu erzählen haben. Vis-a-vis das alte Hotel Duchi d’Aosta, daneben die Zentrale der Generali, in deren Prager Filiale Franz Kafka arbeitete. Im riesigen, jetzt eher verwaisten Hafen erlebte ich einmal den lustigsten Regattastart: Die Boote in Reih und Glied mit dem Heck an 4 der Mole festgemacht, nach dem Startschuss hieß es Leinen los und Segel hoch, bei achterlichem Wind – und möglichst vielen Fendern auf beiden Seiten. Hier ließ ich James Joyce auftreten, mit seinem Freund, dem Banker und Schriftsteller Italo Svevo; hier konnte ich über Giacomo Casanovas Leben schreiben, der in Triest sehnlich auf die Erlaubnis zur Rückkehr nach Venedig wartete, die ihm schließlich 1774 erteilt wurde; hier machte ich mich auch lustig über die prätentiösen Tiraden des d’Annunzio. Daneben der Yachtclub Adriaco, in dem nach dem ersten Weltkrieg viele der österreichischen Yachten gelandet sind, unter anderem die des österreichischen Fliegers, Seglers und Kriegshelden Banfield. Und ich gedenke des unglückseligen österreichischen Erzherzogs Ferdinand Maximilian, Oberbefehlshaber der k.k.-Kriegsmarine, der sich um 1860 das Schloss Miramare erbauen ließ. Was mir daran gefällt: als Segler ließ er sich eine Windfahne aufs Dach setzen, die durch eine Achse mit dem Speisesaal verbunden war – um auch beim Essen stets zu wissen, woher der Wind weht. Er hätte Gefallen gefunden an Hans Alberts Version von La Paloma im Film „Die große Freiheit Nummer 7“ von 1943: „Ein Wind weht von Süd und zieht mich hinaus aufs Meer ...“ La Paloma soll Maximilians Lieblingslied gewesen sein und man spielte es als er – als Kaiser von Mexiko 1867 von den vom Volk getragenen Revolutionären des Juarez erschossen - auf der Novara nach Triest zurück gebracht wurde. Woher auch das Verdikt rührt, auf österreichischen Schiffen jemals wieder La Paloma zu singen. Wird bis heute von traditionsbewussten österreichischen Seglern befolgt. Werte Seglerkollegen: Bei allem Respekt vor der Geschichte und vor einem leidenschaftlichen Marineur: Ich habe keinen Grund, Habsburgern nachzutrauern. Und hier, in diesem Moment, Miramare in Sicht und im vollen Bewusstsein der Historie beschließe ich, dieses Verdikt künftig zu ignorieren. Möge mir folgen wer will, möge kritisieren wer will. Meinetwegen mag man darüber abstimmen ... Ich übergebe das Ruder, hole von unten die Gitarre und singe: „Mich rief es an Bord, es wehte ein frischer Wind ...“ Duino. Denke beim Anblick dieses Felsens mit seinem Schloss an Rilke und seine Duineser Elegien, denke aber auch an seine Briefe an die Schlossherrin Maria von Thurn und Taxis die hier einen literarischen Salon führte, in denen er gegen den Rivalen Karl Kraus intrigierte – mit antisemitischen Untergriffen – was mir Rilkes Werk bis heute verleidet. 1 Cafe Uliks/Ulysses. In Pula unter dem römischen Triumphbogen. 2 KuK. Das ehemalige österreichische Marinekasino in Pula. 3 Tradition. Die ehemalige österreichische Marienkirche in Pula. 4 steuerfrau isabella, Tochter des Autors (der gern zugibt, dass sie genauer segelt als er).

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