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OCEAN7 2010-07-08

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Diese Ausgabe ist etwas für Spezialisten, die klassische Schönheiten unter Segel lieben. Außerdem gibt es hier interessante Revierberichte aus den British Virgin Islands und aus Montenegro.

46 Fischen ist Abenteuer

46 Fischen ist Abenteuer Fast so groß wie der sechsjährige Finn damals. Ich hatte noch nie einen so großen Fisch so nah gesehen. Und er kämpfte. Peter auch. Beide kämpften. Und Peter – damals noch Fischer-Greenhorn – langte nach der Winschkurbel, und ... naja, die Details erspar’ ich Ihnen. Es war blutrünstig. Als die Golddorade schließlich in die ewigen Fischgründe eingegangen war, hob der blutbespritzte Peter sie (oder das was von ihr übrig geblieben war) auf und blickte uns stolz an. Und da fiel „es“ mir auf: Das Flackern in den Augen eines Jägers! Ich ernähre meine Familie! Mit meinen eigenen Händen! Ich sorge, dass etwas über dem Feuer brät und alle satt werden. So sollte es bleiben. Peter tüftelte seine speziellen Angelkonstruktionen, Ködervorrichtungen, Hakenvariationen in den nächsten Jahren aus. 250 m Angelleine mit einem Meter Stahlvorfach, kein Anglergeschäft war mehr vor ihm sicher, jedes Gespräch mit Seglerfreunden ließ dieses Thema aufkommen. Rosa Oktopus für Doraden, rot-orange für kleine Thunfische, grün für den Wahoo. Interessanterweise wich die sündteure Hochseeangelspule einem simplen Plastikreifen aus der Karibik, bei dem die Leine nur händisch aufgewickelt wurde. Dies kombinierte Peter mit einem Gummizug, an dem eine leere Coladose befestigt war – diese Kons truktion weckte sogar den müdesten Nachtwachenschieber, wenn ein Fisch biss.

PEOPLE 47 Gerade bekomme ich noch einen fachlichen Hinweis aus dem Hintergrund: Der Gummizug bewirkt auch, dass der Köder wie ein echter Squid durch die Wellen tanzt. Und immer wieder dieses Flackern in den Augen des Jägers. Manchmal, da konnte Peter kaum aufhören – zum Beispiel im Roten Meer in Eritrea, so unberührt und deswegen wohl fischreich, dass man eine Ahnung davon bekam, wie es mal im Mittelmeer war – vor sehr langer Zeit. Thunfisch war ein Normalfang. Irgendwann hatte ich ihn kurz angebraten mit Wasabi und Soja satt und panierte die Steaks! Fast wie Backhendl! Aber nichts ging über eine Golddorade. Götterspeise. So etwas Gutes hatten wir noch nie gegessen. Die Dorade schmeckte nicht nach Fisch. Der Fisch, den wir aus dem Fischgeschäft kennen, ist nie wirklich frisch und fischelt deswegen. Frischer Fisch schmeckt nach Ozean und Salz und Paradies. So wie mein Mann langsam zu einem Profifischer wurde, lernte ich die Fischrezepte einer Weltumsegelung kochen, den Kokosfisch der Kuna-Indianer, den kreolischen Fisch der Ka- riben, südamerikanisch gebackenen Fisch, den Poisson cru aus Tahiti – roher Fisch mit Kokosmilch, Chili und Tomaten – das scharfe Sri Lanka Fish-Curry und immer wieder zur Belohnung für den Jäger sein Lieblingsrezept: Serbische Fischsuppe! Mit frischen Tomaten (falls noch vorhanden) und viel Zwiebel und Chili! Bald tötete Peter seine Beute kurz und (ich hoffe) schmerzlos. Ein gezielter Stich in die Kiemen, Richtung Gehirn. Fest hielt er den Fang mit seinen Spezial-Fischerhandschuhen (besorgt in Panama) – die waren rau, damit nichts davonglitschte. Er filetierte die Steaks professionell mit einem höllisch scharfen Filetiermesser aus Tahiti. Dabei vergaß er nie, sich vor all diesen Handlungen beim Fisch, der uns Nahrung schenken würde, zu entschuldigen und zu bedanken. Wie ein Indianer. Die waren ja auch Jäger. Mein Mann, der Fischer. Mein Mann, der Jäger. Irgendwie hat so eine Weltumseglung schon was ganz schön Archaisches. Bin ja nur froh, dass er mich nicht an den Haaren in die Kombüse zerrte! Interessanterweise blieb ihm das Flackern in den Augen, sobald von Fisch die Rede war. In Österreich lud uns ein guter Freund zum Fliegenfischen ein und flugs, beim ersten Wurf, hing bei Peter eine Forelle dran! Der Freund war baff, der Jäger befriedigt und ich verschwand in der Küche, auf der Suche nach einem Süßwasserfischrezept! Darf man das denn? So war das mit dem Fischen an Bord! Irgendjemand sah kürzlich eines unsere Fischfangfotos und fragte: „Darf man das denn?“ Ich denke, wir Fahrtensegler dürfen das. Eigenbedarf. Von den koreanischen Schwarzfischerflotten mitten im Pazifik, die uns tunlichst auswichen, wollen wir das mal nicht behaupten. Und hier in Wien essen wir keinen Meeresfisch. Nicht frisch genug. Und von wem, wie, und wann gefischt, weiß man da ja auch nicht. Jäger und Tiefkühltruhe passen nicht zusammen, findet mein Jäger. Auch wenn Fisch gesund ist – wie alle sagen. Und dabei die Meere ausbeuten. Weit über den Eigenbedarf, für Sushis am Bauernhof oder Thunfischsteaks beim Wirt um’s Eck. Da hilft auch kein Entschuldigen mehr. Wie bei den Indianern. Aber von denen gibt es ja inzwischen auch nicht mehr sehr viele.

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