46 Ohne Vorwarnung wird der Bildschirm des Plotters schwarz Weiter in Richtung Punta Cana. Ohne Vorwarnung wird der Bildschirm des Plotters schwarz – auch das noch – mehrere Startversuche fruchten nicht, er bleibt schwarz. Na prima, bei diesem Wetter ohne Landsicht in einem völlig unbekannten Gewässer, gespickt mit Riffen – ohne Plotter. Wir haben ja noch die Seekarte, ein Hand-GPS und können navigieren. Wir haben ja noch die Karte, vom letzten bekannten Ort müssen wir weiter koppeln, Kurs abstecken. Mit vier Stücken aus dem Bleigurt beschwert liegt die Karte am Cockpittisch. Wir steuern von Hand, dem Autopiloten wollen wir das nicht zumuten. Die nächste Welle lässt nicht auf sich warten, mit einem Schwall spült sie erst die Karte vom Tisch, dann nimmt sie der Wind mit in die aufgewühlte See – auch Neptun will wissen, wo wir hinfahren. Aber wir haben ja noch eine letzte Reserve – den Laptop. Wo ist er? Gerade eben stand er noch am Tisch, wo er immer steht, selbst bei schwerem Wetter. Auch am Boden ist er nicht, er liegt vier Stufen tiefer im „Keller“, am Boden des Backbord-Rumpfes – offen, noch immer laufend! Zwischen Colaflaschen, dem Seadoo-Scooter, Handtüchern, Büchern, Rosmarin, Zwiebeln und Kartoffeln, Kamera, Objektiven und viel Wasser – das hoffentlich aus der Schüssel mit den frischen Kräutern stammt, die vorher noch in der Spüle stand. Unglaublich, der alte IBM, er lebt noch! Position eingetragen, Peilung Punta Cana – 14 Meilen noch. Da auf unserem Navigationsprogramm CMap4 dieser Hafen nicht im Detail eingezeichnet ist, versuche ich per Funk den Hafenkapitän zu erreichen. Die genaue Position der Einfahrt haben wir, aber bei 5 bis 6 m Welle, die in die Riffdurchfahrt steht …? Ich erreiche ihn und teile ihm auch mit, dass sich unsere Epirb aktiviert hat, wir sie nicht abschalten können, keine Seenot besteht, wir aber Hilfe bei der Einfahrt benötigen. Seit über einer Stunde ist die Seenotbake aktiviert, und er wusste nicht einmal etwas von dem Notfall – wir waren sprachlos. Inzwischen sind wir nur noch sieben Meilen entfernt. Er verspricht, in 40 Minuten ein Boot hinauszuschicken, das uns voranfahren wird. „Danke! Kann ich mich darauf verlassen?“, frage ich noch. „Natürlich, in 40 Minuten an der angegebenen Position“. Über Satellitentelefon alarmiere ich zwischenzeitlich einen Freund, der über Internet einen deutschen Tauchschulbesitzer in Punta Cana ausfindig macht, telefonisch erreicht und ihm die Situation schildert. Der sagt uns, bei 35 Knoten ist die Einfahrt gesperrt, Grundseen machen eine Passage unmöglich. Der Hafenkapitän will trotzdem ein Boot schicken, das uns in einen weiter südlich gelegenen Hafen geleitet. Wir sind zur angegebenen Zeit am vereinbarten Ort, niemand da. Bei diesen Verhältnissen im nur mehr 20 m tiefen Wasser können wir nicht lange warten. Weitere 35 Meilen entfernt ist die erste geschützte Bucht, die wir bei diesen Verhältnissen anlaufen können. Es hilft nichts, wir haben keine Wahl. Wir halsen, haben den Wind nun von Bb-achtern. Nicht unbedingt einfacher, der Wind hat immer noch über 30 Knoten, wir machen immer noch 8 bis 10 Knoten Fahrt, die Wellen sind höher und ausgeprägter geworden, teilweise bis 7 Meter hoch, zig Meterlange Kämme brechen in breiten Schaumstreifen. Ein Stoßgebet kann nicht schaden. Von der Seite möchte ich keine Welle mehr bekommen, also habe ich die Wahl, die richtig großen entweder von achtern oder von vorne zu bekommen. Da ich nicht ausprobieren möchte, ab welcher Wellenhöhe unser Kat über den Bug kentert, entscheide ich mich für´s anluven. Ein Stoßgebet kann nicht schaden Mit der Zeit bekommt man ein Auge dafür, wann eine Welle „reif“ ist zu brechen. Anfangs ist sie rund, wird höher, steiler immer steiler, bis sie sich für einen Augenblick lang steil und regungslos aufbäumt, um dann vorneüber zu brechen. Viele Male beobachten wir dieses Schauspiel unmittelbar vor, neben und hinter uns – und sind jedes Mal heilfroh, dass wir gerade nicht dort waren. Aber ein paar Mal erwischt es uns dann doch. „Uuuupps, das geht sich nicht mehr aus, festhalten, Schatzi!“ Ich drehe das Ruder so schnell ich kann, zeige der Welle meinen Bug, tosend krachen uns mehrere Tonnen auf das Vordeck und schießen über das Salondach ins Cockpit. Das haben wir schon früher öfters ausprobiert, ist nicht angenehm, aber es funktioniert. Mehrere Male wiederholt sich diese Tortur für Mannschaft und Boot. Jede halbe Stunde mache ich einen Ort mit Hand-GPS, trage ihn in die elektronische Seekarte am Laptop ein, die 35 Meilen ziehen sich unglaublich, obwohl wir trotz drittem Reff ständig Two Fast, Heike und Michael Die TWO FAST ist eine Antigua 37 von Fountaine Pajot, ein für Langfahrt ausgerüsteter Kat. Die Eigner Mag. Michael Köhler und Heike Patzelt sind 2005 von Kroatien aus gestartet und sind seit 2006 in der Karibik. Den OCEAN7-Lesern sind sie bekannt durch die Regattafotos aus Antigua, die SerieN „Energieversorgung auf Yachten“, „Ankern – aber richtig!“ und andere Berichte.
evier 47 1 über 8 Knoten Fahrt machen – aber leider mit über einem Knoten Gegenstrom. Als wir um 5.00 Uhr abends in großem Respektabstand das Flach östlich von Saona Island an Steuerbord hinter uns lassen und mit einer letzten Halse in ruhigeres Wasser einfahren, fällt uns ein Stein vom Herzen. Die letzten beiden Stunden fahren wir mit noch immer beachtlicher achterlicher, aber nicht mehr brechender See mit über 10 Knoten im Schnitt, im Surf über 14,15, 16 Knoten auf Westkurs um die Insel herum. Cola-Rum zur Feier, dass wir dieses Inferno gut überstanden haben Eine Hand haben wir bereits frei für eine Cola-Rum zur Feier, dass wir dieses Inferno gut überstanden haben. Kurz vor Sonnenuntergang laufen wir in einem paradiesischen Ankerplatz ein. Dass sich der Anker auch beim zweiten Versuch im felsigen Grund nicht eingräbt, ist uns egal, wir setzen entgegen unserer sonstigen Gewohnheit einen Zweitanker, legen 50 Meter Kette bei 1,8 m Tiefe und fallen völlig erschöpft ins Bett. 1 karibisch schön. Nichts deutet am Abend nach dem Orkan darauf hin, dass hier nur wenigen Stunden zuvor ein Unwetter der Sonderklasse gewütet hat.
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