Ocean Woman The Sinking World Von Installationen auf versunkenen Schiffen über Plastikmüll-Collagen mit Menschen bis zur Galerie mit Shop im Wiener oceanstore: Taucher, Unterwasserfotograf und Künstler Andreas Franke zeigt im Namen des Meeres auf. Text ALEXANDRA SCHÖLER | Fotos ANDREAS FRANKE Habe ich schon erwähnt, dass ich Unterwasser-Schiffswracks liebe? Vielleicht nicht gerade eine passende Leidenschaft für eine Seglerin! Wer sieht schon gerne das traurige Ende eines Schiffes, wenn man auf solchem gerne sein Leben verbringt? Aber irgendwie faszinierten mich immer schon diese verwunschenen Unterwasserwelten und Atmosphären, die ein Schiffswrack umgeben. Eine neue Welt tut sich auf – mystisch und zauberhaft, aber auch unheimlich und rätselhaft, voller Geschichten, die auffordern, erzählt zu werden. Mein erstes Wrack erkundete ich in Kroatien vor Veli Rat. Den italienischen Frachter, den die Bora 1984 erwischte und auf eine Sandbank setzte. Heute sieht man nur noch den Lademast bei Ebbe ein wenig aus dem Wasser ragen, ansonsten wurde das Schiff zu einem künst lichen Riff, viel besucht von Fischen und Tauchern. Auf der Inselgruppe Vanuatu im Pazifischen Ozean tauchten wir in einer flachen Bucht und entdeckten tausende Glasscherben verstreut im sandig-steinigen Grund. Was war hier passiert? Im Zweiten Weltkrieg war ein amerikanisches Versorgungsschiff von einem Torpedo getroffen worden und auseinandergebrochen. Wrackteile sind noch im tiefen Wasser sichtbar. Worauf wir es aber damals abgesehen hatten, waren alte Coca- Cola-Flaschen. Und tatsächlich, wir ertauchten zwei unversehrte Fläschchen mit den eingeprägten Produktionsdaten 1941 und 1943. Man konnte sie beinahe vor sich sehen – die US Marines beim Genuss des süßen Gebräus unter Palmen. Als ich an diesem trüben Dezembertag mit meinem Skipper in den OceanStore im 7. Wiener Gemeindebezirk trat, erblickte ich Unterwasserwelten, die mich an diesen denkwürdigen Tauchgang erinnerten und seltsam berührten. Szenen, die offensichtlich auf einem Unterwasserwrack spielten. Balletttänzerinnen, die an einer Reling ihr Training absolvieren, eine Schönheit im Stile der 1940er- Jahre, die Wäsche auf dem Zwischendeck aufhängt, eine Dame im Rokoko, die am Oberdeck Kuchen verschlingt. Alles im grünlich-blauen Unterwasserlicht, mit neugierigen Fischen, die die Szenerie erstaunt betrachten. Die Bildcollagen überzogen von Entenmuscheln und anderen kleinen Organismen. Eine Patina, die uns nur zu sehr an den Schiffsrumpf unseres Segelkatama- 68 2/2023
Matrosen der 1940er-Jahre beim Kräftemessen auf der Vandenberg, einem 2009 in den Florida Keys versenkten Spionageschiffs aus dem Zweiten Weltkrieg. Künstler Andreas Franke hat seine Collagen für drei Monate auf dem Wrack in 30 m Tiefe festgemacht – wo sie ihre einzigartige Unterwasser-Patina bekamen und als ausgestellte Kunst viele Taucher in ihren Bann zogen. rans erinnerten, als dieser wochenlang den Pazifik durchpflügt hatte oder in einer mit Mangroven gesäumten Bucht einige Tage zu lange vor Anker gewesen war. „Seid ihr Taucher?“, fragte uns ein nach einem Segler aussehender Mann. „Segler!“ Und schon floss ein Gespräch dahin zwischen Menschen, die das Meer, das Reisen, das Geschichtenerzählen lieben. Andreas Franke, renommierter Werbefotograf, widmet sich seit mehr als zehn Jahren der künstlerischen Darstellung aufwendiger Fotomontagen, in denen Unterwasserlandschaften, Korallenriffe und alte Schiffswracks zur Bühne für historisch anmutende Szenerien werden. KUNST AUS DER TIEFE Bühne frei für die Vandenberg – ein altes Transportschiff aus den 1940er-Jahren, als Spionageschiff gegen die Russen und als Überwachung für die Apollo-Mission eingesetzt, wie auch als Kulisse für den Hollywoodfilm „Virus“. 2009 wurde sie in den Florida Keys versenkt, um fortan als künstliches Riff zu dienen. Und der begeisterte Taucher Franke hatte eine Idee: Er kombinierte die Unterwasserfotografien des Schiffswracks mit Studioaufnahmen von Menschen im Alltagsleben. Die Collagen des Vandenberg Project sind von den 1940ern inspiriert. Besucher vor einer Kinokasse, ein kleiner Junge, der auf einem rostigen Stiegengeländer umgeben von Fischschwärmen balanciert, Männer beim Kräftemessen am Zwischendeck. Diese bearbeiteten Fotos werden in Plexiglas verklebt und für drei Monate auf dem Schiffswrack in 30 Metern Tiefe ausgestellt. Eine beeindruckende Schau für Taucher! In diesem Zeitraum machen sich Meeresbewohner und das Salzwasser ans Werk, um den Bildern eine einzigartige Patina zu geben. Wieder an Land geholt und getrocknet, zeugen die Fotografien vom Leben im Meer und den tausenden Geschichten, die es zu erzählen hat. DEKADENT SCHÖN Es folgte das Stavronikita-Projekt. Das Objekt: ein in der Karibik versenkter griechischer Frachter, der zu einem Riff aus Korallen, Schwämmen und Muscheln wurde. Andreas Franke, fasziniert von dieser Üppigkeit, erschuf Collagen, die die dekadenteste Epoche unserer Geschichte widerspiegeln: das Rokoko. Schöne Damen in Reifröcken, ausschweifend essend und flirtend! „Schönheit, Harmonie und unsere Zukunft stehen in direkter Abhängigkeit zum Erhalt unserer Meere und brachten mich dazu, Frauen und Kinder umringt von Plastikmüll zu foto grafieren und einzelne Gegenstände solitär in Szene zu setzen. Andreas Franke, Taucher, Fotograf, Künstler 2/2023 69
YACHTING, REISEN UND MEER 2/2023 M
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