Skipper‘s Diaries Segeln mit Korona Keine Sorge, hier ist nicht die Rede von Bier oder Zigarren und schon gar nicht von den kleinen ansteckenden Quälgeistern, die uns so sehr beschäftigen. Fast 17 Meter misst das Segelschiff, konkret eine Jeanneau Sun Odyssey 54 DS mit dem Namen Korona, dass in Nessebar in Bulgarien darauf wartet, von mir nach Istanbul in die Pendik Marina gebracht zu werden. Die Wettervorhersage für die nächsten Tage verspricht für eine Segelyacht etwas wenig Wind aber sonst perfekte Bedingungen und es scheint, dass das türkische Sprichwort, es gibt im Schwarzen Meer nur zwei sichere Häfen, nämlich Juli und August, seine Berechtigung hat. Vorsichtig steuert Angel, ein einheimischer Skipper, der mich heute begleiten wird, das Schiff aus dem kleinen Hafen gegenüber der Altstadt von Nessebar und umrundet gekonnt jede der unzähligen Untiefen, die sich mitten im Hafenbecken befinden und bei einem Tiefgang von 2,25 Meter doch ziemlich spannend sind. Die Tankanzeige pendelt zwischen „fast Nichts“ und „Leer“, wir müssen Kurs auf die Tankstelle der Dinevi Marina nördlich von Nessebar nehmen, um für die zu erwartenden Motorstunden genügend Treibstoff gebunkert zu haben. „No fuel, but the tank truck will come within the next hour“, lautet Ausklarieren in Tsarevo am Schwarzen Meer, Bulgarien. THOMAS PERNSTEINER ist Skipper, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Schifffahrt und Wasserfahrzeuge. kolumne@ocean7.at Ausgangshafen Nessebar am Schwarzen Meer, Bulgarien. die wenig erfreuliche Ansage des anwesenden Personals und so machen wir vorerst für die Wartezeit in der Marina fest. Nachdem das südländische „within the next hour“ mittlerweile über fünf Stunden dauert und wir heute noch das erste Etappenziel Tsarevo erreichen wollen, beschließe ich, das ortsansässige Taxigewerbe zu unterstützen und hole von der Straßentankstelle zwei 25-Liter-Kanister mit Diesel, fluche wie immer innerlich über die Kleckerei beim betanken, danach werfen wir die Leinen los. Kurs 165 Grad, die Genua eher als Dekoration als zur Motorunterstützung ausgerollt, so nehmen wir die ungefähr 30 Seemeilen bis zum ersten Hafen in Angriff. Abgesehen von meiner eigenen Rettungsweste, zwei Feststoffschwimmwesten und einigen Signalraketen befindet sich leider wie so oft keinerlei Sicherheitsausrüstung an Bord. Um für den Fall der Fälle, und ich bitte gleich um Nachsicht, zumindest irgendwie vorbereitet zu sein, binde ich die Feststoffwesten mit einer Leine zusammen, befestige wasserdichte Beutel mit den Signalraketen und den wichtigsten Dingen wie Reisepass, Geld und Handy an dieser Konstruktion, stecke eine Wasserflasche dazu und hoffe, dass ich das alles nicht brauchen werde. Die Sonne ist vor einer Stunde hinter dem Horizont verschwunden, als endlich das grüne Leuchtfeuer von Tsarevo an der Steuerbordseite auftaucht und die Korona mit dem Bug zur Hafenmauer festgemacht ist. Mein Begleiter Angel wird von einem Freund mit dem Auto abgeholt, die Rücklichter verschwinden rasch in der Dunkelheit der Küstenstraße Richtung Burgas. FOTOS: THOMAS PERNSTEINER (3), SHUTTERSTOCK (2) 38 2/2021
EINMAL LAUT TUTEN Nach dem Besuch der über raschend gut gepflegten Duschen bleibt die Küche kalt – das Abendessen besteht aus mitgebrachtem Brot mit Wurst und Käse. Unter Deck lesend bemerke ich, dass die Stille des Hafens mehr und mehr von Stimmengewirr über lagert wird. Nach einiger Zeit sehe ich doch nach dem Rechten und traue meinen Augen kaum: An der Hafenmauer haben sich mit Kind und Kegel mindestens 50 Leute inklusive des Hafenkapitäns versammelt und bestaunen das Schiff. Erst nach und nach erfahre ich, dass Korona die größte Segelyacht ist, die seit Längerem hier angelegt hat und eine entsprechende Attraktion darstellt. Lächelnd komme ich dann auch dem Wunsch der Kinderaugen nach, das Schiff von innen ansehen zu dürfen. Ich schalte die Deckscheinwerfer ein, drehe die Instrumentenbeleuchtung auf und hebe immer nur drei Kinder an Bord, eines nach dem anderen über den Bugkorb an Deck. Besondere Freude bereitet, wie nicht anders zu erwarten, der Knopf, mit dem ein lautes Tuten des Horns auch den letzten Bewohner der kleinen Stadt erschreckt. Nachdem jeder einmal getutet hat, geht es über den Bugkorb wieder zurück an Land. Ich erkläre noch, dass ich weder Bill Gates noch Jeff Bezos bin und das Schiff nicht mir gehört, ehe der nette Spuk nach einer guten Stunde endet. Das Plappern der aufgeregten Kinder auf dem Heimweg wird immer leiser und ich schlüpfe schlussendlich auch in meinen Schlafsack. Der nächste Morgen wartet mit einem strahlend blauen Himmel auf, mit allen Papieren bewaffnet betrete ich das Gebäude der Hafenbehörde. Tsarevo ist der nur in den Sommermonaten geöffnete letzte Zollhafen in Bulgarien vor den türkischen Hoheitsgewässern. Der Hafenkapitän von gestern Nacht nimmt mich in seinem Büro freundlich in Empfang. Nachdem sich alle Stempel in den Formularen befinden und ich als Zielhafen Istanbul ange geben habe, ist das Procedere in persönlicher Rekordzeit von zehn Minuten erledigt. Als besonderen Service ist er mir noch pünktlich zur vereinbarten Zeit beim Ablegen behilflich und während ich aus dem Hafen mo tore erkenne ich, dass er eines der Kinder von gestern geschultert hat und in Begleitung seiner Frau Rich tung Amtsgebäude marschiert. Warum mit einem rumänischen Cargo-Schiff nicht zu spaßen ist und wieso im Nadelöhr des Bosporus zwischen Europa und Asien ein französisches Croissant und eine türkische Zigarette besonders gut schmecken, erzähle ich Ihnen, p. t. Leser, in der nächsten Ausgabe von 29 30od 34 38SQ NEW 42 46 Hanse (Deutschland) Vertriebs GmbH & Co. KG Bernau am Chiemsee | Tel. +49 (8051) 9629767 | sales@hanseyachts.de Greifswald | Tel. +49 (3834) 7755-700 | sales@hanseyachts.de Entdecken Sie Ihre Traumyacht in unserem Showroom in Bernau am Chiemsee!
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